Unsere Pressemitteilungen informieren Sie über aktuelle Ereignisse aus der Universität. Dazu zählen neue Forschungsergebnisse, universitäre Themen und Veranstaltungsankündigungen. Sie wollen regelmäßig über Neuigkeiten aus der Goethe-Universität informiert werden? Abonnieren Sie unsere Pressemitteilungen.
Goethe-Uni veröffentlicht aktuelles Programm der Frankfurter Bürger-Universität
Von der Vorlesung des Nobelpreisträgers der Physik Reinhard Genzel bis hin zur Poetikvorlesung der Schriftstellerin Judith Hermann reicht das Spektrum des neuen Programms der Frankfurter Bürger-Universität. Ziel des von der Goethe-Universität zusammengestellten und organisierten Gesamtprogramms ist, den Dialog zwischen Wissenschaftler:innen und Bürger:innen zu fördern.
FRANKFURT. Wie
können wir die Natur als wertvollen Lebensraum langfristig erhalten und auch
als Ressource für uns Menschen nachhaltig nutzen? Welche Rolle spielt die
Mathematik bei der Klimaforschung? Gehören Streit und Vertrauen zusammen? Diese
und andere Themen greifen die Veranstaltungen der Frankfurter
Bürger-Universität im Sommersemester 2022 auf. Dazu gehören Vorträge,
Podiumsgespräche und Buchvorstellungen, Führungen und Ausstellungen sowie ein
Fest: Erstmals seit Ausbruch der Pandemie lädt die Goethe-Universität wieder
zum Frühlingsfest auf den naturwissenschaftlichen Campus auf dem Riedberg. Am
22. Mai erwarten Besucherinnen und Besucher dort Führungen unter anderem des
Instituts für Bienenkunde, der GeoAgentur Riedberg und Gärtnern des
Wissenschaftsgartens.
Wenn Wissenschaft nicht das letzte Wort über unser Leben haben
kann – wer oder was aber dann? Diese Frage greift die Diskussionsreihe „Mit
oder ohne Gott – Religionen in der pluralen Gesellschaft“ auf. In zwei
Talkrunden diskutieren Expertinnen und Experten der Goethe-Universität aus
Religionsphilosophie und Islamwissenschaft, aus Soziologie, Theologie,
Geschichte des Judentums und jüdischer Religionsphilosophie, ob und wie es zu
Glaubensüberzeugungen in einer demokratisch und wissenschaftlich geprägten Welt
kommen kann. Die Diskussionsreihe unter Beteiligung des Forschungsverbunds
„Dynamiken des Religiösen“ an der Goethe-Universität findet – erstmals wieder
in Präsenz – am 8. Juni in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt und
am 28. Juni in Kooperation mit der Zentralbibliothek der Stadtbücherei
Frankfurt statt.
Das Programm der Bürger-Universität wird an einschlägigen Stellen
in der Stadt ausgelegt und ist auf der Webseite der Goethe-Universität
einsehbar unter: http://www.buerger.uni-frankfurt.de/
Die erste Bürger-Universität startete im Jahr 2008. In diesem Jahr
kehrte die Goethe-Universität zu ihren Wurzeln als Stiftungsuniversität zurück,
als die sie 1914 von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern gegründet worden war.
Seitdem fördert die Bürger-Universität, die unter der Schirmherrschaft des
Frankfurter Oberbürgermeisters steht, den lebendigen Dialog mit den Bürgerinnen
und Bürgern aus Stadt und Region.
Weitere Informationen
Abteilung
PR & Kommunikation
Goethe-Universität
069/798-12481
buergeruni@uni-frankfurt.de
Sommersemester wird weitestgehend wieder in Präsenz durchgeführt. Universitätsleitung bittet Studierende, in Innenräumen weiterhin Maske zu tragen.
FRANKFURT. Die Goethe-Universität hat heute ihre neuen Studierenden begrüßt: Für knapp 2.200 „Erstis“ hat das Sommersemester 2022 mit einer großen Messe begonnen: Auf der zentralen Begrüßungsveranstaltung der Goethe-Universität, die nach zwei Jahren Pause zumindest wieder im Hybridmodus stattfinden konnte, wurden sie von Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff sowie dem AStA-Vorstand begrüßt.
„Ich gratuliere Ihnen zu dieser hervorragenden
Entscheidung: Ein Studium in der besten Stadt Deutschlands zu beginnen“, sagte
Oberbürgermeister Peter Feldmann mit einem Augenzwinkern. Er hob in seiner Rede
die Vorzüge der Stadt Frankfurt hervor, die neben ausgezeichneten Hochschulen
auch in einer reichen Kulturlandschaft sowie vielfältigen Freizeitangeboten zum
Ausdruck kämen. „Aber es sind die Menschen, die Frankfurt besonders machen -
und Sie sind eine Bereicherung für unsere Stadt“, betonte Feldmann. „Vor allem
freue ich mich für Sie, dass Sie Hörsäle wieder von innen sehen werden und auf
dem Campus gemeinsam mit ihren Kommilitonen lernen können“, so das
Stadtoberhaupt weiter.
Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff betonte bei der Begrüßung der Erstsemester: „Wir freuen uns über alle neuen Studierenden, die sich für ein Studium an der Goethe-Universität entschieden haben. Auf sie wartet eine aufregende Lebensphase, in der sie sich nicht nur berufliche Perspektiven erarbeiten, sondern auch unglaublich viele bereichernde Menschen kennen lernen und sich in unterschiedlichsten Initiativen engagieren können.“ Schleiff betonte, wie wichtig es für die Goethe-Universität sei, nach zwei Jahren starker Einschränkungen wieder in den regulären Präsenzbetrieb zurückkehren zu können; er bat die Studierenden aber darum, angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen vorsichtig zu sein und in Innenräumen weiterhin die Maske zu tragen. Wer noch nicht geimpft sei, solle dies unbedingt noch tun, um sich und andere zu schützen.
Auf der Präsenzmesse im Casinogebäude konnten sich die neuen Studierenden einen Überblick über Angebote und Serviceleistungen der Goethe-Universität verschaffen. Wer nicht persönlich dabei sein konnte, hatte die Möglichkeit, sich das Programm mit Live-Vorträgen, Informationen und Tipps rund um das Studium an der Goethe-Universität im Netz anzuschauen.
Der
reguläre Vorlesungsbetrieb für alle Studierenden beginnt ab dem kommenden
Montag. Insgesamt wird mit ungefähr 42.000 Studierenden im Sommersemester gerechnet.
Ein neues Studienangebot stellt der duale Kooperationsstudiengang
Hebammenwissenschaft dar, der gemeinsam von der Goethe-Universität und der
Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) konzipiert und
durchgeführt wird.
Studierende
finden alle Informationen zum Sommersemester 2022 an der Goethe-Universität,
auch zu den Coronaregeln, unter: https://tinygu.de/Sommersemester22
Studie der Goethe-Universität zeigt: Situation in Europa sehr heterogen, aber im Schnitt besser als in den USA
In vielen akademischen Berufen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Dass dies auch in den Wirtschaftswissenschaften der Fall ist, zeigt eine Studie des Ökonomen Guido Friebel von der Goethe-Universität und seinem Team in Kooperation mit der Toulouse School of Economics. Insbesondere in hohen Positionen und an besonders forschungsstarken Hochschulen haben Frauen es schwer.
FRANKFURT. Die
Studie zum Frauenanteil in den Wirtschaftswissenschaften hat einige
überraschende Fakten zutage gebracht: zum Beispiel, dass Europa immerhin
bessere Zahlen aufzuweisen hat als die USA oder dass Frauen insbesondere an
forschungsstarken Hochschulen auffällig unterrepräsentiert sind. Um sich ein
aussagekräftiges Gesamtbild zu verschaffen, hat das Team, bestehend aus Prof.
Guido Friebel, Alisa Weinberger und Dr. Sascha Wilhelm (alle
Goethe-Universität) sowie Prof. Emmanuelle Auriol (Toulouse School of
Economics), einen so genannten Web-Scraping-Algorithmus eingesetzt. „Der
Algorithmus wird mit Web-Adressen von Hochschulen gefüttert und zieht von dort
die Informationen zur Anzahl von Professoren und Nachwuchskräften. Eine
Erfassung der ermittelten Personen nach Geschlechtern erfolgt auf Basis von
Namen und einer Gesichtserkennungssoftware. Zur Verifizierung bzw. Korrektur
der ermittelten Daten wurden sämtliche Institutionen angeschrieben. Der
Rücklauf war nahezu komplett, und viele Dekane haben uns für diese Initiative,
die durch die European Economic Association unterstützt wurde, beglückwünscht“,
beschreibt Friebel.
Insgesamt flossen in die Studie die Daten von 238 Universitäten
und Business Schools weltweit ein, die Anzahl der involvierten Personen betrug
mehr als 34.000. Die anschließende Analyse ergab, dass in den USA nur 20
Prozent der leitenden Positionen, also Professuren, weiblich besetzt sind,
während es in Europa immerhin 27 Prozent sind. Weltweit liegt der Durchschnitt
hier bei 25 Prozent. Im Nachwuchsbereich sind an US-amerikanischen
Einrichtungen 32 Prozent der Stellen mit Frauen besetzt, in Europa 38 Prozent.
Weltweit liegt hier die Quote bei 37 Prozent. Kein Grund für alle europäischen
Länder, sich in Sachen Frauenförderung auszuruhen oder gar stolz in die Brust
zu werfen: „Die guten Zahlen verdanken sich mal wieder den skandinavischen
Ländern, aber auch Spanien, Frankreich und Italien“, erläutert der Ökonom, der
vom schlechten Abschneiden der USA überrascht war. Überraschend war für ihn
auch, dass gerade an besonders forschungsstarken Institutionen wenig Frauen
arbeiten, auch hier fällt der Frauennachteil in den USA deutlicher aus als in
Europa.
Woran der schleppende Aufstieg von Frauen in den
Wirtschaftswissenschaften liegen mag? Die Ursachen können unterschiedliche
Wurzeln haben, wie die Studie zeigt. Indem man die Zahlen mit bereits
vorliegenden statistischen Erkenntnissen korreliert, zeigt sich ein enger
Zusammenhang mit in der jeweiligen Gesellschaft vorherrschenden allgemeinen
Einstellungen. Die Organisationskultur der jeweiligen Hochschule,
institutionelle Regelungen, aber auch das Verhalten der Frauen und Männer in
den Wirtschaftswissenschaften sind weitere Faktoren.
Nun wollen Friebel und sein Team untersuchen, wie die Situation
möglichst nachhaltig zu ändern wäre. Für Deutschland sieht er einen Grund für
die Unterrepräsentanz von Frauen in den Wirtschaftswissenschaften darin, dass
freiwerdende Professuren oft mit derselben Widmung wieder ausgeschrieben
werden, einer Widmung, die eher den Forschungsvorlieben der Männer
entgegenkommt. Frauen seien eben seltener in der Makroökonomie oder der
Wirtschaftstheorie unterwegs als Männer, dafür interessierten sie sich eher für
Entwicklungsökonomie, Gesundheit, Arbeit, Organisationen – Bereiche, die
aufgrund der weltweiten Situation und der gesellschaftlichen Entwicklung
ohnehin gestärkt werden müssten. Dies sei in den USA zwar grundsätzlich besser
geregelt, weil Professuren dort bei der Stellenausschreibung oft nicht so eng
festgelegt seien. Allerdings profitierten die Frauen bislang nicht nennenswert
davon.
Nach Ansicht der Autoren sollten die Forschungseinrichtungen ihr
Möglichstes tun, um eine faire Bewertung der Bewerberinnen und Bewerber zu
gewährleisten, während Mentorenprogramme und eine paritätische Besetzung von
Seminaren und Konferenzen dazu beitragen können, die Sichtbarkeit von Frauen zu
erhöhen und implizite Vorurteile bei der Auswahl für akademische Stellen zu
verringern.
Publikation:
Auriol,
Emmanuelle, Guido Friebel, Alisa Weinberger, und Sascha Wilhelm. “Underrepresentation of women in the economics profession more
pronounced in the United States compared to heterogeneous Europe." Proceedings
of the National Academy of Sciences,
119 (16): e2118853119. https://doi.org/10.1073/pnas.2118853119
Weitere Informationen
Prof.
Guido Friebel, PhD
Professur für BWL, insbesondere Personalwirtschaft
Abteilung Management und Mikroökonomie
Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften
Goethe-Universität
Telefon: 069 798-34826
E-Mail: gfriebel@wiwi.uni-frankfurt.de
Online-Programm fördert Bewegung und erhält Wohlbefinden während Pandemie
Interaktive Trainingsprogramme für Zuhause können die Einschränkungen während eines Lockdowns erträglicher machen. Mit Livestreaming-Sportangeboten lässt sich die körperliche Aktivität deutlich steigern, zeigte ein Forschungsteam aus zehn Ländern unter Leitung des Instituts für Sportwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. Gleichzeitig verbesserte sich das Wohlbefinden im Vergleich zu einer inaktiven Kontrollgruppe. Das Team hatte vor einem Jahr die negativen Auswirkungen der Corona-Einschränkungen auf Bewegung und Wohlbefinden beschrieben.
FRANKFURT. Gut 40 Prozent
weniger aktiv waren die Menschen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020.
Dies hatte eine internationale Studie unter Leitung der Goethe-Universität
Frankfurt gezeigt. Auch das psychische Wohlbefinden sank; der Anteil an
Menschen mit einem Risiko für Depressionen verdreifachte sich. Um diese
nachteilige Entwicklung abzumildern, entwarf das Forschungsteam ein Online-Trainingsprogramm
für Zuhause und untersuchte, ob sich die gesundheitlich so wichtige körperliche
Aktivität auch während eines Lockdowns aufrechterhalten lässt. Die Ergebnisse der
Studie erschienen kürzlich im
British Journal of Sports
Medicine.
Von 763
gesunden Probanden aus neun Ländern von vier Kontinenten trainierte die eine
Hälfte vier Wochen mit einem Livestream-Programm, die andere bildete die
Kontrollgruppe. Die Trainierenden konnten aus täglichen Workouts - etwa mit dem
Fokus Kraft, Ausdauer, Balance oder Entspannung - wählen. Professionelle
Trainer:innen begleiteten sie dabei aktiv mit Kamera und Mikrofon. Wöchentlich füllten
beide Gruppen standardisierte Fragebögen zu körperlicher Aktivität, Angstgefühlen,
mentalem Wohlbefinden, Schlafqualität, Schmerz und Sportmotivation aus.
Besonders wirksam
war das Trainingsprogramms für das Bewegungsverhalten der Teilnehmenden: Die körperliche Aktivität war anfangs in der Online-Gruppe durchschnittlich
bis zu 65 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe, und auch nach vier Wochen
noch um 20 bis 25 Prozent erhöht. Damit überschritten die Kurs-Teilnehmer:innen
die WHO-Empfehlungen von mindestens 150 Minuten mäßiger oder 75 Minuten
intensiver Bewegung pro Woche jeweils deutlich, während die Kontrollgruppe
diese nur knapp erreichte. Gleichzeitig verbesserten sich die Motivation Sport
zu treiben, das psychologische Wohlbefinden und der Schlaf; Angstgefühle nahmen
ab. „Diese Verbesserungen sind zwar gering, aber dennoch potenziell relevant“,
betont Studienleiter Dr. Jan Wilke vom Institut für Sportwissenschaften der
Goethe-Universität Frankfurt. „Unsere Testpersonen waren ja alle gesund - die
Effekte bei Patienten könnten deutlich größer ausfallen, insbesondere bei
Menschen mit chronischen Erkrankungen“. Zudem seien für solche Wirkungsstudien
vier Wochen sehr knapp. Teilnehmer:innen, die mehr Kurse als die geforderten
zwei pro Woche belegten, gaben eine noch bessere Fitness und ein größeres Wohlgefühl
an, notierten aber keine weiteren Verbesserungen bei Schlaf und Ängsten.
Leider
beendete nur knapp die Hälfte der Teilnehmenden die Studie. Die Forschergruppe
macht dafür insbesondere den hohen wöchentlichen Aufwand beim Ausfüllen der
Fragebögen verantwortlich. Diese häufige Abfrage sollte sicherstellen, dass die
Studie auch bei möglicherweise endenden Lockdown-Vorschriften Aussagen erlaubt.
Die im Zeitraum sich ändernden lokalen Bedingungen könnten auch die Motivation mancher
Teilnehmenden verringert haben, etwa wenn Fitnessstudios vor Ort wieder
öffneten. Zudem waren die Vorgaben sehr streng: Wer nicht an den
Fragebogen-Erhebungen teilnahm, wurde aus der Studie gestrichen.
„Train
at home, but not alone“ - am besten zusammen zu Hause trainieren, so fasst die
Arbeitsgruppe ihre Erkenntnisse zu Bewegungsangeboten im Pandemie-bedingten Lockdown
zusammen. Denn: Nachdem beide Gruppen im Anschluss an den
Livestreaming-Hauptteil der Studie Zugriff auf aufgezeichnete Inhalte
erhielten, reduzierten sich die beobachteten Unterschiede teils. Dies ist laut
Wilke sowohl auf die Aktivierung der Kontrollgruppe als auch auf die
Veränderung der Angebotsform zurückzuführen.
Ausdrücklich
unterstreichen die Studienautor:innen die Bedeutung von Bewegung im Alltag: Körperliche
Inaktivität verursacht nach aktuellen Daten acht bis neun Prozent aller vorzeitigen
Todesfälle, erhöht das Risiko von Herz- und Stoffwechselerkrankungen, Krebs und
auch die Anfälligkeit gegenüber Coronaviren. Vermutlich sei es daher umso
wichtiger, im Lockdown Online-Training auch für Menschen mit chronischen
Krankheiten – etwa Diabetiker:innen – anzubieten, deren Gesundheit möglicherweise
unter den Pandemie-Einschränkungen besonders leidet.
Publikation: Jan Wilke, Lisa Mohr,
Gustavo Yuki, Adelle Kemlall Bhundoo, David Jiménez-Pavón, Fernando Laiño,
Niamh Murphy, Bernhard Novak, Stefano Nuccio, Sonia Ortega-Gómez, Julian David
Pillay, Falk Richter, Lorenzo Rum, Celso Sanchez-Ramírez, David Url, Lutz Vogt,
Luiz Hespanhol. Train at home, but not alone: a randomised
controlled multicentre trial assessing the effects of live-streamed
tele-exercise during COVID-19-related lockdowns. Br. J. Sports Med. (2022) https://doi.org/10.1136/bjsports-2021-104994
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/117155105
Bildzeile: Sportangebot per Lifestreaming
fördert Aktivität und Wohlbefinden während der Pandemie-Lockdowns. Foto: Jan
Wilke, Goethe-Universität
Struktur eines Schlüsselenzyms aufgeklärt – möglicher Ansatzpunkt für antibakterielle Wirkstoffe
Die Struktur eines wichtigen Enzyms im Stoffwechsel des Krankenhauskeims Acinetobacter baumannii hat ein Wissenschaftsteam der DFG-Forschergruppe 2251 unter Federführung der Goethe-Universität aufgeklärt. Das Enzym „MtlD“ ist für das Bakterium wichtig für die Herstellung des Zuckeralkohols Mannitol, mit dem es sich in trockenen oder salzhaltigen Umgebungen wie Blut oder Urin vor Wasserverlust und Austrocknen schützt. Die Strukturanalyse hat Schwachstellen offenbart, an denen sich das Enzym hemmen lässt, um den Krankenhauskeim zu schädigen. (PNAS, DOI: 10.1073/pnas.2107994119)
FRANKFURT. Jährlich
erkranken in Europa mehr als 670 000 Menschen an Erregern, die resistent gegen
Antibiotika sind, und 33 000 sterben an den von ihnen verursachten Krankheiten.
2017 nennt die WHO Antibiotikaresistenzen eine der größten Bedrohungen für die
Weltgesundheit. Besonders gefürchtet werden Keime, die gleich gegen mehrere
Antibiotika resistent sind. Unter ihnen sticht Acinetobacter baumannii
hervor, ein Bakterium, dass eine außergewöhnlich hohe Fähigkeit besitzt,
Multiresistenzen zu entwickeln und als „Krankenhauskeim“ besonders Patienten
mit einem geschwächten Immunsystem bedroht. Acinetobacter baumannii ist
sehr widerstandsfähig, da es auch in trockener Umgebung lange infektiös bleiben
und so auf den Tastaturen medizinischer Geräte, Stationstelefonen oder Lampen
überdauern kann. Diese Eigenschaft hilft der Mikrobe auch dabei, auf der
trockenen menschlichen Haut zu überleben oder in Körperflüssigkeiten wie Blut
und Urin, die verhältnismäßig hohe Konzentrationen an Salzen und anderen
gelösten Stoffen enthalten.
Einen zentralen Mechanismus, mit dem sich Acinetobacter
baumannii in solch widriger Umgebung einrichtet, hat jetzt das
Wissenschaftsteam der DFG-Forschergruppe 2251 unter Federführung der
Goethe-Universität aufgeklärt: Wie viele Bakterien und auch Pflanzen oder Pilze
ist Acinetobacter baumannii in der Lage, den Zuckeralkohol Mannitol
herzustellen, einen Stoff, der sehr stark Wasser bindet. Dadurch verhindert Acinetobacter
baumannii ein Austrocknen.
Fast einzigartig ist jedoch die Art, wie Acinetobacter baumannii
Mannitol herstellt: Die beiden letzten Schritte der Mannitol-Herstellung werden
durch einen statt wie bei den weitaus meisten Organismen zwei Enzymkomplexe
katalysiert. Dieses Enzym „MtlD“ mit zwei katalytischen Aktivitäten entdeckten
bereits 2018 Wissenschaftler:innen um Prof. Beate Averhoff und Prof. Volker
Müller. Jetzt ist dem Team von Prof. Klaas Martinus Pos, der ebenfalls Mitglied
in der DFG-Forschergruppe ist, gelungen, die räumliche Struktur des Enzyms
aufzuklären.
Prof. Pos erklärt: „Wir haben herausgefunden, dass das Enzym
gewöhnlicherweise in Form von freien Monomeren vorliegt. Die besitzen zwar die
beiden nötigen katalytischen Aktivitäten, sind aber inaktiv. Erst eine trockene
oder salzhaltige Umgebung löst den sogenannten osmotischen Stress im Bakterium
aus, in dessen Folge sich die Monomere zu Dimeren zusammenlagern. Dann erst
wird das Enzym aktiv und produziert Mannitol.“ Außerdem fanden die
Wissenschaftler:innen heraus, welche Stellen in der Struktur besonders wichtig
für die katalytischen Funktionen des Enzyms und die Dimer-Bildung sind.
Prof. Volker Müller, Sprecher der DFG-Forschergruppe 2251, ist
überzeugt: „Diese Arbeit zeigt einen wichtigen neuen Ansatzpunkt zur Bekämpfung
dieses Krankenhauskeims. Denn wir haben eine biochemisch empfindliche Stelle im
Stoffwechsel des Krankenhauskeims identifiziert. Hier könnten in der Zukunft
maßgeschneiderte Substanzen zur Hemmung des Enzyms ansetzen.“
Publikation: Heng-Keat
Tam, Patricia König, Stephanie Himpich, Ngoc Dinh Ngu, Rupert Abele,Volker
Müller, Klaas M. Pos: Unidirectional mannitol synthesis of Acinetobacter
baumannii MtlD is facilitated by the helix-loop-helix-mediated dimer formation.
Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. (2022) https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2107994119
Bilder zum Download:
1)
Mannitol-produzierendes Enzym
https://www.uni-frankfurt.de/116943466Erinnert
an einen Schmetterling: Das Mannitol-produzierenden Enzyms des Krankenhauskeims
Acinetobacter baumannii schützt das Bakterium nur in seiner Dimer-Form
vor Wasserverlust und Austrocknen. Bild: Klaas Martinus Pos, Goethe-Universität
Frankfurt
2)
Acinetobacter baumannii
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Acinetobacter_baumannii.JPG
Rasterelektronenmikroskopische
Aufnahme eines Clusters von gramnegativen, unbeweglichen Bakterien der Art Acinetobacter
baumannii. Photo: Janice Carr
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Volker Müller
Sprecher der Forschergruppe 2251
Abteilung Molekulare Mikrobiologie & Bioenergetik
Institut für Molekulare Biowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel:
+49 (0)69 798-29507
vmueller@bio.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Klaas Martinus Pos
Professur
für Membrantransport-Maschinen
Institut für Biochemie
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: +49 (0)69 798-29251
pos@em.uni-frankfurt.de
Interdisziplinäres Seminar an der Goethe-Uni im Sommersemester 2022 – Gäste sind willkommen
FRANKFURT. Welche Form die christliche Theologie im Kontext des Klimawandels annehmen sollte, wird in einem Seminar an der Goethe-Universität Frankfurt untersucht. Die im nordatlantischen Kontext entwickelte Theologie hat es bisher nicht geschafft, die Spiritualität, das Denken und die Praxis von Gläubigen und Gemeinschaften wirksam zu beeinflussen. Die nordatlantische Theologie wurde im Kontext des Kapitalismus entwickelt und hat diesen Kontext nicht ausreichend infrage gestellt. Als solche hat sie zu dem Problem der Umweltverschmutzung beigetragen, für das die westlichen Länder historisch und auch heute noch die größte Verantwortung tragen.
In diesem Seminar tritt die nordatlantische Theologie ins Gespräch
mit kreativen Stimmen aus anderen Disziplinen, anderen Glaubensrichtungen und
theologischen Traditionen des Südens.
Das Seminar bietet die Möglichkeit, sich intensiv und interaktiv
mit der neuesten internationalen englischsprachigen Literatur auf diesem Gebiet
vertraut zu machen.
donnerstags
14 bis 16 Uhr
14. April
bis 14. Juli 2022
Saal
der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Frankfurt
Campus
Westend
Siolistraße
7, 60323 Frankfurt
An den Feiertagen findet das Seminar nicht statt.
Anmeldung für Gasthörer bis 7. April 2022 über info@cfd-frankfurt.de
Verantwortlich:
Dr. Dominiek
Lootens
Centre for Dialogue at Campus Riedberg
info@cfd-frankfurt.de
Dr. Daniel Saudek
Prof. Dr. Thomas M. Schmidt
Veranstalter:
Centre for Dialogue at Campus Riedberg https://cfd-frankfurt.de/
Goethe-Universität Frankfurt www.uni-frankfurt.de
Katholische Hochschulgemeinde https://khg-frankfurt.de/
Literatur
Conradie, Ernst M., Koster, Hilda P. (Eds.) (2020).
T&T Clark Handbook of Christian Theology and Climate Change. London /
NewYork: T&T Clark.
Kim, Grace Ji-Sun, Koster, Hilda P. (Eds.) (2017). Planetary Solidarity. Global
Women´s Voices on Christian Doctrine and Climate Justice. Minneapolis:
Fortress.
Kim, Grace Ji-Sun (Ed.) (2016). Making Peace with the Earth. Action and
Advocacy for Climate Justice. Geneva:
WCC.
Fünf hessische Forschungsinstitute kooperieren in neuem Verbundprojekt zu Ursachen, Dynamiken und Effekten von politischer Gewalt
Welchen Effekt haben globale Entwicklungen wie Technologisierung und Klimawandel auf politische Gewalt? Wie kann politische Gewalt von internationalen Institutionen begrenzt oder aber legitimiert werden? Wie wird sie gedeutet und gerechtfertigt? Diesen Fragen widmet sich das interdisziplinäre Verbundprojekt „Regionales Forschungszentrum – Transformations of Political Violence (TraCe)“, in dem fünf hessische Forschungsinstitute zusammenarbeiten. An dem Zentrum, das im April seine Arbeit aufnimmt, sind das Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), die Goethe-Universität Frankfurt, die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Philipps-Universität Marburg und die Technische Universität Darmstadt beteiligt. Das Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit ca. 5,2 Mio. Euro gefördert.
FRANKFURT. Mit
der Errichtung des Regionalen Forschungszentrums intensivieren die beteiligten
Partnerinstitutionen ihre bestehende Zusammenarbeit und bündeln ihre Forschungen
auf dem Gebiet der Gewaltforschung. Es entsteht ein regionales Kompetenzzentrum
für Forschung, Lehre und Wissenstransfer, das international sichtbar ist und
dessen Erkenntnisse systematisch zur Einhegung und Prävention politischer
Gewalt beitragen. Das Forschungszentrum ist interdisziplinär besetzt: Es bringt
Perspektiven aus Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichts- und Rechtswissenschaften,
Sozialanthropologie, Sozialpsychologie, Kultur- und Sprachwissenschaften und
Informatik sowie verschiedene methodologische Ansätze zusammen.
Von Seiten der Goethe-Universität, die mit 900.000 Euro gefördert
wird, sind Prof. Dr. Astrid Erll, Prof. Dr. Hanna Pfeifer, Prof. Dr. Constantin
Ruhe und Prof. Dr. Lisbeth Zimmermann am Verbundprojekt beteiligt. Sie forschen
insbesondere in den ersten drei Forschungsfeldern zu Formen, Institutionen und
Interpretationen politischer Gewalt. Darüber hinaus sind drei der vier
leitenden Wissenschaftler:innen des HSFK, Prof. Dr. Christopher Daase, Prof.
Dr. Nicole Deitelhoff und Prof. Dr. Jonas Wolff, ebenfalls Mitglieder der
Goethe-Universität.
Zielsetzung des Verbundvorhabens ist es, die Konsequenzen
gegenwärtiger Gewalttransformationen für den innergesellschaftlichen und
internationalen Frieden zu identifizieren und Strategien zur Eindämmung
politischer Gewalt zu entwickeln. Das Forschungsprojekt wird Typen und Ebenen
politischer Gewalt systematisch in drei thematischen Forschungsfeldern
analysieren:
Das erste Forschungsfeld beschäftigt sich mit dem
Formenwandel politischer Gewalt und dem Einfluss globaler Trends wie
Technologisierung und Klimawandel auf Gewaltdynamiken.
Das zweite Forschungsfeld geht der Frage nach, wie
internationale Institutionen politische Gewalt einhegen, aber auch legitimieren
und wie neue Gewaltformen institutionell erfasst werden können.
Das dritte Forschungsfeld befasst sich mit den komplexen
Beziehungen zwischen veränderten Deutungs- und Rechtfertigungsmustern von
politischer Gewalt und verschiedenen Erinnerungsräumen wie zum Beispiel Städten.
In einem übergreifenden vierten Forschungsfeld werden
Wechselwirkungen zwischen dem Formwandel und Interpretationen politischer
Gewalt untersucht.
Um die Forschung des Verbundprojektes in der Öffentlichkeit
sichtbar zu machen, wird der Austausch mit gesellschaftlichen Akteur:innen
gesucht: Transferveranstaltungen wie Workshops, Podiumsdiskussionen und
Ringvorlesungen, aber auch verschiedene Publikationsformate tragen dazu bei,
die Forschungserkenntnisse für die politische Bildung, zivilgesellschaftliches
Engagement und den Wissenschaftsjournalismus nutzbar zu machen.
„Wir freuen uns sehr, die Arbeit im Verbundprojekt aufzunehmen,
das die interdisziplinäre Kollaboration und internationale Vernetzung der
beteiligten Einrichtungen vorantreibt. Die aktuellen Entwicklungen in der
Ukraine verdeutlichen in tragischer Weise die Notwendigkeit, ein Regionales
Forschungszentrum dieser Art zu errichten, das die Ursachen, Dynamiken und
Effekte politischer Gewalt untersucht“, sagt Prof. Dr. Christopher Daase, stellvertretendes
geschäftsführendes Vorstandsmitglied der HSFK, Ko-Sprecher des Verbundprojektes
und Politikwissenschaftler an der Goethe-Universität.
Das Verbundprojekt geht auf eine bundesweite Ausschreibung des
BMBF zur Förderung und Weiterentwicklung von Forschungsverbünden im Bereich der
Friedens- und Konfliktforschung zurück.
Für Fragen und die Vermittlung von Gesprächspartner:innen stehen
wir gerne zur Verfügung. Weitere Informationen zu dem Verbundprojekt finden Sie
unter https://www.hsfk.de/forschung/transformations-of-political-violence.
Weitere Informationen und Pressekontakt
Leibniz-Institut
Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
Dr.
Ursula Grünenwald
Referentin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel:
069 / 959104-13
gruenenwald@hsfk.de
www.hsfk.de
Goethe-Universität, Werner Reimers Stiftung, Stadt Bad Homburg und Hochtaunuskreis stellen ihre Kooperation auf neue vertragliche Grundlage
Das Forschungskolleg Humanwissenschaft in Bad Homburg ist längst eine feste Größe – als Zentrum exzellenter geistes- und sozialwissenschaftlicher Forschung wie auch als Plattform für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Nun ist die Arbeit des Kollegs für weitere zehn Jahre auf dem Gelände der Werner Reimers Stiftung gesichert.
FRANKFURT/BAD HOMBURG. Vier Kooperationspartner
haben sich über die Zukunft des Forschungskollegs Humanwissenschaften in Bad
Homburg geeinigt: die Goethe-Universität Frankfurt am Main, die Werner Reimers
Stiftung, die Stadt Bad Homburg v. d. Höhe und der Hochtaunuskreis. Sie haben vertraglich
festgehalten, dass sie das Kolleg auch künftig gemeinsam fördern werden. Mit
den nun unterzeichneten Verträgen bekräftigen die vier Kooperationspartner ‒
Universitätspräsident Professor Enrico Schleiff, Verwaltungsratsvorsitzender
Dr. Stefan Ruppert, Oberbürgermeister Alexander Hetjes und Landrat Ulrich Krebs
‒ den
hohen Stellenwert, den das Kolleg sowohl für die Förderung exzellenter
Forschung als auch für den Dialog von Wissenschaft und Gesellschaft in der
Region innehat. Die Stadt Bad Homburg und der Hochtaunuskreis fördern das
Kolleg mit je 25.000 Euro pro Jahr künftig auch finanziell; bislang hatten sie
vor allem bei der Errichtung des Kolleggebäudes und projektbezogen unterstützt.
Die Reimers Stiftung stellt die Gebäude unentgeltlich zur Verfügung und steuert
zur Finanzierung ebenfalls 25.000 Euro jährlich bei. Den größten Anteil trägt
die Goethe-Universität, die einen Teil der Personalkosten finanziert und die
Mittel für die Goethe-Fellowships bereitstellt. Zudem erzielt das Kolleg Einnahmen
u.a. durch die Vermietung von Räumen für Veranstaltungen.
„Mit dem Kooperationsvertrag sind gute Voraussetzungen geschaffen
worden, damit das Forschungskolleg Humanwissenschaft seine Aufgabe als
Institute for Advanced Studies weiter ausbauen kann“, freut sich der Direktor
des Kollegs Professor Matthias Lutz-Bachmann. Zentral für den Erfolg des Bad
Homburger Kollegs sei seine hervorragende Einbindung in gleich vier Richtungen
– in die aktuellen Forschungszusammenhänge der Goethe-Universität, in die Tradition
der Werner Reimers Stiftung und in das wissenschaftliche und kulturelle Leben
von Stadt und Landkreis. „Auch das wunderbare Stiftungsgelände am Rande des
Kurparkes, das das Kolleg nutzen darf, trägt zum Erfolg seiner Arbeit bei“,
sagt Lutz-Bachmann.
Vier Kooperationspartner – vier Perspektiven
„Das Forschungskolleg ist eine sehr wichtige Institution für die
Goethe-Universität – gerade in Hinblick auf das Thema Exzellenz. Das Kolleg
bietet kreativen Köpfen Freiraum, um im Austausch neuartige Forschungsideen und
Methoden entwickeln zu können“, sagt Universitätspräsident Prof. Enrico
Schleiff. Auch der Wissenschaftsrat, der die Bundesregierung in
wissenschaftspolitischen Fragen berät, habe hervorgehoben, wie wichtig es sei,
dass die Institutes for Advanced Studies (IAS) Zeit für freie
Grundlagenforschung unter besten Arbeitsbedingungen in einem anregenden
intellektuellen Umfeld bereitstellen. „Als Goethe-Universität bereiten wir uns
auf die nächste Runde der Exzellenzinitiative vor. Ein Schlüssel zum Erfolg
sind starke interdisziplinäre Forschungsverbünde mit internationaler
Ausstrahlung. Das Kolleg ist einer der Orte, wo die Saat für solche Verbünde
gelegt wird, und wird zukünftig einer der Orte sein, an dem wir noch stärker
als bisher die Expertisen internationaler Wissenschaftler*innen und
Kolleg*innen der Goethe Universität zu aktuellen Forschungsthemen miteinander
verzahnen, sozusagen die internationale Spitzenforschung in unsere Universität
integrieren“, so Schleiff weiter.
Dr. Albrecht Graf von Kalnein, Vorstand der Werner Reimers
Stiftung: „Mit der weiteren Förderung des Forschungskollegs Humanwissenschaften
erfüllt die Stiftung im besten Sinne den von Werner Reimers bestimmten Zweck
seiner Stiftung, interdisziplinäre Forschung über das Verhalten des Menschen und das Wirken
seiner Institutionen' zu fördern.“
Ulrich Krebs, Landrat des Hochtaunuskreises: „Auch für den
Hochtaunuskreis ist das FKH ein absoluter Gewinn. Wir wissen, dass die
öffentlichen Vortragsveranstaltungen von Besuchern weit über die Grenzen Bad
Homburgs hinaus gerne wahrgenommen werden. Das FKH bereichert das kulturelle
Leben in Stadt und Kreis auf einzigartige Weise.“
Alexander Hetjes, Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg: „Das
FKH greift immer wieder Themen auf, die für uns auch als Stadt wichtig sind. So
freuen wir uns, dass der Schwerpunkt zur Demokratie im atlantischen Raum auch
Anknüpfungspunkte zur transatlantischen Nachkriegsgeschichte Bad Homburgs
bietet, ein Kapitel unserer Geschichte, an das wir gerne noch stärker erinnern
wollen.“
Profil und Programmvorschau 2022
Als ein Ort für Gastwissenschaftler und Gastwissenschaftlerinnen
aus aller Welt trägt das Kolleg zur Internationalisierung der Wissenschaften
und zur Herausbildung innovativer interdisziplinärer Forschungsgruppen bei. Als
Gastgeber für Gespräche zwischen verschiedenen Disziplinen unterstützt es die
Entwicklung von grenzüberschreitenden und innovativen Fragestellungen. Als
Veranstalter von öffentlichen Konferenzen und Vorträgen fördert es den Dialog
von Wissenschaft und Gesellschaft.
In den kommenden Monaten stehen drei Themen im Mittelpunkt der
Arbeit am Kolleg, die sich an die Öffentlichkeit wendet: die Anfechtungen und
Stärken von Demokratien im atlantischen Raum („Democratic Vistas“), die
europäische Sicherheits- und Außenpolitik und das kulturelle Gedächtnis
chinesischsprachiger Communities rund um den Globus („Sinophone Classicism“).
Geplant sind wissenschaftliche Workshops und öffentliche Vorträge. Das Programm
wird auf der Website des Kollegs veröffentlicht; wer sich für den Newsletter
anmeldet, wird per Email zu den Veranstaltungen eingeladen.
Am 16./17. September 2022, findet die nächste Auflage der bereits
etablierten Bad Homburg Conferences statt, veranstaltet gemeinsam vom Kolleg
und der Stadt Bad Homburg. Dieses Jahr geht es um „Kindheit und Gewalt“; das
Programm ist in Planung. Am 22. Oktober 2022 lädt das Kolleg im Rahmen der Bad
Homburger Kulturnacht zu „Gesprächen mit Wissenschaftler:innen“ ein. – Einen
kleinen Beitrag zur Linderung der aktuellen Not der geflüchteten Menschen aus
der Ukraine leistet das Forschungskolleg Humanwissenschaften, indem es ihnen
freie Apartments in seinem Gästehaus zur Verfügung stellt.
Ein Bild zum Download finden Sie unter: https://www.uni-frankfurt.de/116669176
Bildtext: Alexander Hetjes (Oberbürgermeister Bad Homburg, v.l.), Thorsten
Schorr (stellv. Landrat Hochtaunuskreis), Dr. Albrecht Graf von Kalnein
(Vorstand Werner Reimers Stiftung), Iris Helene Koban (Geschäftsführerin
Forschungskolleg Humanwissenschaften), Prof. Matthias Lutz-Bachmann (Direktor,
Forschungskolleg Humanwissenschaften), Prof. Enrico Schleiff (Präsident der
Goethe-Universität) im Treppenhaus des Kollegs. (Foto: Stefanie Wetzel 2021)
Weitere Informationen
www.forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Tel.:
06172 13977-0
Iris
Helene Koban
Geschäftsführerin
des Forschungskollegs Humanwissenschaften
i.koban@forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Beate
Sutterlüty
Wissenschaftskommunikation
b.sutterluety@forschungskolleg-humanwissenschaften.de
Interdisziplinäre Tagung am 1. und 2. Juli an der Goethe-Universität
FRANKFURT. Die Digitalisierung ist allgegenwärtig, sie beeinflusst nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens. Gerade im Zuge der Corona-Pandemie zeigten sich deutlich die Herausforderungen und Ambivalenzen, die diese Entwicklung mit sich bringt. Wie verändert die Digitalisierung die Arbeits- und Lebenswelt? Wie wirkt sie sich auf das Verhältnis zum Selbst, zum Körper und zu anderen aus? Und welche sozialen und psychischen Folgen haben digitales Messen und Vergleichen?
Fragen wie diese stehen im
Zentrum der interdisziplinären Tagung „Das vermessene Leben. Transformationen
der digitalen Gesellschaft“, die
am
Freitag, 1. Juli, und Samstag, 2. Juli 2022
am
Campus Westend
der
Goethe-Universität Frankfurt am Main
stattfindet. Die Tagung richtet
sich an ein Fachpublikum aus den Sozialwissenschaften, der Kultur- und
Sozialpsychologie und der Psychoanalyse sowie an Studierende und die
interessierte Öffentlichkeit. Sie wird veranstaltet von Vera King,
Professorin für Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie an der Goethe-Universität
und Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt, zudem Principal
Investigator der Forschungsinitiative ConTrust, Benigna Gerisch,
Psychoanalytikerin und Professorin für Klinische Psychologie, Psychotherapie
und Psychoanalyse an der International Psychoanalytic University Berlin sowie
Hartmut Rosa, Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der
Universität Jena und zugleich Direktor des Max-Weber-Kollegs in Erfurt.
Die Veranstaltung wird im
Rahmen des Verbundprojekts „Das vermessene Leben. Produktive und
kontraproduktive Folgen der Quantifizierung in der digital optimierenden
Gesellschaft“ durchgeführt und von der VolkswagenStiftung gefördert. Außer der
gastgebenden Goethe-Universität sind das Sigmund-Freud-Institut Frankfurt/M.,
die International Psychoanalytic University Berlin und die Universität Jena
beteiligt an der wissenschaftlichen Organisation.
Ein besonderer Akzent dieser
Konferenz liegt auf dem interdisziplinären Blick: Die namhaften Referentinnen
und Referenten aus dem In- und Ausland loten die ambivalenten Folgen von
Digitalisierung für die soziale und individuelle Praxis, für Kultur und Psyche
aus kultur-, politik- und rechtswissenschaftlicher, medien- und
erziehungswissenschaftlicher, soziologischer, sozialpsychologischer sowie
medizinischer und psychoanalytischer Perspektive aus.
Den Eröffnungsvortrag halten am
Freitag, 1. Juli, Vera King, Benigna Gerisch und Hartmut Rosa. Gemeinsam
führen sie in das Tagungsthema ein und widmen sich der Frage nach neuen Normalitäten
und Pathologien in der digitalen Gesellschaft. Sie stellen ausgewählte Befunde
aus dem von ihnen geleiteten Verbundprojekt „Das vermessene Leben“ vor. Armin
Nassehi, Professor für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der
Ludwig-Maximilians-Universität München, befasst sich im Anschluss in seinem
Vortrag mit der „digitalen Selbstbeobachtung“ der Gesellschaft.
Am Samstag, 2. Juli,
bestreitet Indra Spiecker, gen. Döhmann, Professorin für Öffentliches Recht,
Informationsrecht, Umweltrecht und Verwaltungswissenschaft an der
Goethe-Universität, ebenfalls Principal Investigator der Forschungsinitiative
ConTrust, den Auftaktvortrag und geht darin der Frage nach, wie Algorithmen
Macht verleihen und ausüben. „Genau gerechnet und doch vermessen“ – unter
diesem Titel werden im Anschluss Jürgen Straub, Professor für Sozialtheorie und
Sozialpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, und Oswald Balandis,
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum, die
psychosozialen Folgen des Self-Trackings in den Blick nehmen.
Philipp Staab, Professor für
Soziologie der Zukunft der Arbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin, wird
in seinem Vortrag digitale Arbeitsprozesse analysieren. Welche Veränderungen
die Digitalisierung für die Pflegearbeit bringen könnte – insbesondere in
psychodynamischer Hinsicht – darüber spricht anschließend Isabelle Gernet,
Hochschullehrerin an der Université Paris Descartes im Bereich klinische
Psychologie, in ihrem Beitrag. Wie sich Digitalisierung auf Zeitlichkeit
auswirken könnte, thematisiert Judy Wajcman, Anthony Giddens Professorin für
Soziologie an der London School of Economics.
Wer in Präsenz teilnimmt, kann
sich auch an den Panels beteiligen, mit Inputs u.a. von Prof. Thomas Kühn
(Berlin), Prof. Isabell Otto (Konstanz) und Dr. Jacob Johanssen (London). Vier
einschlägige Themenbereiche werden diskutiert: 1) Messen in Organisationen, 2)
Messlogiken in sozialen Medien, 3) pathologische Verwendungsweisen sozialer
Medien und 4) neue Formen von „Autoritarismus“ in digitalen Räumen. Eine
Online-Teilnahme an den Hauptvorträgen ist nach Anmeldung ebenfalls möglich.
Informationen:
Prof.
Dr. Vera King
Sekr.
Frau Helfmann, Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main, Telefon 069 971204–148
Das
Programm finden Sie unter https://www.fb03.uni-frankfurt.de/115918086.pdf
Anmeldung per Mail an: tagung@sigmund-freud-institut.eu
Die
Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Die Anzahl der Teilnehmenden in Präsenz
ist begrenzt.
Anmeldeschluss
ist der 31. Mai 2022.
Grundlagenforschung für neuartige Ansätze zur Bekämpfung von Trypanosoma-Parasiten
Blut saugende Raubwanzen übertragen in Mittel- und Südamerika die Erreger der weit verbreiteten Chagas-Krankheit. Da die Krankheit schwere Symptome verursachen kann und es bislang keinen Impfstoff gegen die verursachenden Trypanosoma-Parasiten gibt, bekämpft man derzeit hauptsächlich die Raubwanzen und tötet sie mit Insektenvernichtungsmitteln. Ein deutsch-brasilianisches Wissenschaftsteam hat jetzt untersucht, wie Trypanosomen die Darmflora der Raubwanzen verändern. Das langfristige Ziel: Die Bakteriengesellschaft im Raubwanzendarm so zu verändern, dass die Raubwanzen selber die Trypanosomen bekämpfen können.
FRANKFURT. Zwischen sechs und sieben Millionen
Menschen überwiegend in Mittel-und Südamerika sind nach Schätzungen der
Weltgesundheitsorganisation WHO weltweit mit Trypanosomen der Art Trypanosoma cruzi infiziert. Die einzelligen
(protozoischen) Parasiten verursachen die Chagas-Krankheit (Amerikanische
Trypanosomiasis), die in der akuten Phase unauffällig verläuft: Nur in jedem
dritten Fall entwickeln die Infizierten überhaupt Symptome, die dann auch noch
unspezifisch sein können, wie Fieber, Nesselsucht und geschwollene Lymphknoten.
Doch die Parasiten bleiben im Körper, und viele Jahre später kann die
chronische Chagas-Krankheit lebensbedrohlich werden, mit einer krankhaften
Vergrößerung des Herzens und einer fortschreitenden Lähmung des
Magen-Darm-Trakts.
Eine Impfung gegen den Erreger gibt es nicht, die Behandlung der
fortgeschrittenen Krankheit ist schwierig. In Lateinamerika setzt man daher auf
die Bekämpfung der Insekten, die die Chagas-Trypanosomen übertragen: Blut
saugende Raubwanzen der Insekten-Unterfamilie der Triatominae. Mit ihrem Stich nehmen sie die Trypanosomen auf, die
sich im Darm der Raubwanzen festsetzen. Durch den Kot, den die Wanzen meist
neben der Stichwunde absetzen, scheiden sie den Erreger aus, der häufig beim
Kratzen des stark juckenden Stichs unabsichtlich in die Wunde eingerieben wird.
Doch wenngleich die Zahl der Neuinfektionen in verschiedenen Regionen
zurückgegangen ist, in denen intensiv Insektizide gesprüht wurden, zeichnen
sich auch hier Probleme ab: Im letzten Jahrzehnt wurden vermehrt Resistenzen
verschiedener Raubwanzenarten gegen gängige Insektizide festgestellt. Auch werden
durch Insektizide Umwelt und Bevölkerung belastet.
Forscherinnen und Forscher weltweit arbeiten mit Hochdruck an
alternativen Methoden, mit deren Hilfe Trypanosoma
cruzi bekämpft werden kann. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen,
Bakterien im Darm der Raubwanzen genetisch so zu verändern, dass sie die Chagas-Trypanosomen abtöten oder deren Entwicklung
behindern.
Die Parasitologen und Infektionsbiologen Fanny Eberhard und Prof.
Sven Klimpel von der Goethe-Universität Frankfurt, der Senckenberg-Gesellschaft
für Naturforschung und dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik
haben jetzt in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Instituto René Rachou im
brasilianischen Belo Horizonte untersucht, wie Chagas-Trypansosomen die
Bakteriengesellschaft im Darm der Raubwanzen verändern. Dazu nutzten sie
Erbgutanalysen, mit denen sie die Zusammensetzung der Bakteriengesellschaft im
Raubwanzendarm, das Mikrobiom, vor und nach der Infektion mit dem Erreger vergleichen
konnten (metagenomische Shotgun-Sequenzierung).
Das Ergebnis: Nach der Infektion nahm die Vielfalt an Bakterien im
Raubwanzendarm deutlich ab. Bestimmte Bakteriengruppen, unter ihnen etwa das
potenziell krankheitsverursachende Bakterium Enterococcus faecalis, profitierten von der Anwesenheit des
Parasiten. Ferner gelang es den Forscher:innen, vier Bakterienarten zu
identifizieren, die wahrscheinlich für die Raubwanze wichtige Funktionen etwa
der Synthese von B-Vitaminen übernehmen.
Fanny Eberhard erläutert: „Vitamin B gehört zu den Nährstoffen,
die blutsaugende Insekten nicht über ihre Blutmahlzeiten erhalten.
Vitamin-B-herstellende Bakterien sind daher für die Raubwanzen sehr wichtig,
kommen praktisch bei allen Individuen vor und bleiben auch generationenübergreifend
im Raubwanzendarm erhalten. Solche Bakterien eignen sich daher potenziell
dafür, mit Genen für Abwehrstoffen gegen Chagas-Trypanosomen ausgestattet zu
werden.“
Prof. Sven Klimpel führt weiter aus: „Letztlich ist es unser Ziel,
dass sich die Raubwanzen selber gegen Chagas-Trypanosomen wehren und auf diese
Weise die Infektion von Menschen verhindert wird. Bevor man allerdings
Bakterien mit derartigen Eigenschaften ausstatten und Raubwanzen mit diesen
Bakterien dann freisetzen kann, müssen wir besser verstehen, wie die Ökologie
des Raubwanzendarms aussieht und wie die tiefgreifenden Interaktionen zwischen
Wirt, Erreger und Mikrobiom genau vonstattengehen. Dazu liefert unsere Arbeit
einen essentiellen Beitrag.“
Publikation: Fanny E. Eberhard, Sven Klimpel,
Alessandra A. Guarneri, Nicholas J. Tobias. Exposure to Trypanosoma parasites
induces changes in the microbiome of the Chagas disease vector Rhodnius prolixus. Microbiome (2022)
10:45. https://doi.org/10.1186/s40168-022-01240-z
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/116081371
Bildtexte:
Rhodnius prolixus_1000px.jpg
Die Raubwanze Rhodnius prolixus ist einer
der wichtigsten Überträger der Chagas-Krankheit im Norden Südamerikas und in
Mittelamerika. Foto: Dr. Erwin Huebner, University of Manitoba, Winnipeg,
Canada/ Wikimedia Commons
Rhodnius prolixus_Life_cycle.jpg
Exemplarischer
hemimetaboler Lebenszyklus der triatominen Raubwanze Rhodnius prolixus. Abgebildet sind der adulte Vektor, frisch
gelegte milchig-weiße Eier, gereifte rötliche Eier sowie die fünf
Nymphenstadien. Rote Pfeile markieren eine Blutmahlzeit für die Häutung und die
Produktion der Eier. Mittig sind häufige Wirtstiere wie etwa Hunde, Opossums
und der Mensch dargestellt. Grafik: Fanny E. Eberhard
Chagas-Wanzen in Europa:
Chagas-Wanzen
finden auch in Europa geeignete klimatische Bedingungen
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/chagas-wanzen-finden-auch-in-europa-geeignete-klimatische-bedingungen/#:~:text=Eine%20Impfung%20gegen%20die%20Chagas,80.000%20infizierten%20Menschen
Mobilitätsforscher:innen der Goethe-Universität befragen 5.000 Haushalte in Frankfurt und Darmstadt zu Maßnahmen der Verkehrspolitik
Wie kann Mobilität so gestaltet werden, dass Städte klimaneutraler werden und mehr Lebensqualität bieten? Mit dem Forschungsprojekt „QuartierMobil 2“ setzen Wissenschaftler*innen der Goethe-Universität ihre Kooperation mit den Städten Frankfurt und Darmstadt für eine verbesserte Verkehrspolitik fort.
FRANKFURT. Wie
stehen Anwohnerinnen und Anwohner in Frankfurt und Darmstadt zu neuen
Parkgebühren? Was halten sie davon, wenn Parkplätze in ihrem Wohnumfeld
zukünftig für andere Zwecke umgestaltet werden? Wie beurteilen sie
Car-Sharing-Angebote und die Verbesserung der Mobilität für zu Fuß Gehende und
Radfahrende? Und: Welche weiteren Initiativen wünschen sie sich? Im Rahmen des
Forschungsprojekts „QuartierMobil 2“ befragt die Goethe-Universität Frankfurt
knapp 5.000 Anwohnerinnen und Anwohner in insgesamt acht Quartieren in
Frankfurt und Darmstadt zum Thema „Mobilität im Quartier“. Die Befragung in den
innerstädtisch und am Stadtrand gelegenen Quartieren startet am 17. März in
Frankfurt und am 18. März in Darmstadt.
Geleitet wird das Projekt von Martin Lanzendorf,
Mobilitätsforscher am Institut für Humangeographie der Goethe Universität. Sein
Team kooperiert eng mit den Städten Frankfurt und Darmstadt, die die Ergebnisse
nutzen werden, um bei der Umsetzung von Maßnahmen auf die Bedürfnisse der
Anwohnerinnen und Anwohner eingehen zu können. Wie beim Vorgängerprojekt QuartierMobil
werden Studierende des Fachs Humangeographie Fragebögen in zufällig ausgewählte
Briefkästen einwerfen. Bürgerinnen und Bürger, die einen Fragebogen im
Briefkasten finden, können mit ihrer Teilnahme dazu beitragen, die Mobilität im
eigenen Quartier zukunftsfähig zu gestalten. Die Beantwortung der Fragen dauert
etwa eine Viertelstunde. Erste Ergebnisse werden im Sommer erwartet. „Aus den
Ergebnissen der Befragung können wir konkrete Vorschläge für die Verbesserung
der Mobilität in den Quartieren einbringen, so dass der Verkehr klimaneutraler
gestaltet werden kann und die Lebensqualität in den Städten sich verbessert“,
sagt Annabell Baumgartner, wissenschaftliche Projektmitarbeiterin am Institut
für Humangeographie.
Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) im Rahmen der Leitinitiative „Zukunftsstadt“ und läuft bis
Ende April 2023. Rückfragen sind per Mail möglich an: befragung2022@em.uni-frankfurt.de.
Foto
zum Download unter: https://www.uni-frankfurt.de/115928279
Bildtext: Humangeographen der Goethe-Universität fragen nach: Was Anwohnende
von Radwegen halten (Foto: StetePlanung in
Darmstadt)
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Martin Lanzendorf
Institut für Humangeographie
Goethe-Universität
befragung2022@em.uni-frankfurt.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069
798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de
Universität des 3. Lebensalters veröffentlicht neues Semesterprogramm
FRANKFURT. Mit nahezu 100 Lehrveranstaltungen verschiedener Fachrichtungen bietet die Universität des 3. Lebensalters (U3L) für das Sommersemester ein breitgefächertes und abwechslungsreiches Programm an. Anmeldungen sind ab sofort möglich. Über das Programm informiert das Veranstaltungsverzeichnis, das in zahlreichen Buchhandlungen ausliegt und bei der U3L bestellt werden kann. Eine Online-Version ist unter www.u3l.uni-frankfurt.de einsehbar. Am 5. April, von 16.00 bis 18.00 Uhr, findet darüber hinaus eine digitale Informationsveranstaltung zu Anmeldung und Teilnahme statt. Eine Anmeldung zur Informationsveranstaltung ist nicht erforderlich, Zugangsinformationen finden sich auf der Homepage der U3L. Die U3L wendet sich an alle Interessierten, unabhängig von Alter und Vorbildung.
Das neue Programm ist breit gefächert: So geht Dr. Carola Vogel
der Entdeckungsgeschichte des Grabes von Tutanchamun nach, Dr. Evangelia
Kelperi beleuchtet Darstellungen der Göttin Aphrodite im historischen Wandel,
Dr. Peter Gröhndahl nimmt den Kunstmarkt unter die Lupe, und PD Dr. Michael
Maaser, Historiker und leitender Archivar der Goethe-Universität, hält eine
Vorlesung über Europa im Zeitalter der Aufklärung. Naturwissenschaftlichen
Interessen begegnen Dr. Gabriele Schwab mit Erläuterungen zur Chemie der Farben
und Prof. Dr. Joachim Maruhn mit Einblicken in das Weltbild der Physik.
Philosophische Perspektiven auf die Frage „Was ist Glück?“ stellt PD Dr. Heike
Panknin-Schappert vor und lädt dazu ein, auf dieser Grundlage auch eigene
Antworten zu suchen.
Die Vorlesungen und Seminare finden wöchentlich in der Zeit vom
11. April bis 15. Juli 2022 statt, etwa die Hälfte davon im Online-Format.
Geplant ist, die Präsenzveranstaltungen wieder vor Ort in den Hörsälen der
Goethe-Universität abzuhalten. Informationen dazu werden voraussichtlich ab 1.
April vorliegen und über eine Online-Veranstaltungsliste auf
der Homepage der U3L veröffentlicht.
Weitere Informationen
Claudia
Koch-Leonhardi
Universität
des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität
Tel. (069)-798 28861
u3l@em.uni-frankfurt.de;
http://www.u3l.uni-frankfurt.de
Homepage der U3L:
"www.u3l.uni-frankfurt.de".
Telefonische
Sprechzeiten: Mo-Do 9.30-12.30 Uhr, Mi 13.30-16 Uhr und n.V., Tel. (069)
798-28861
Redaktion: Pia Barth,
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069
798-763-12531p.barth@em.uni-frankfurt.de
Neue Forschungsgruppe an der Goethe-Universität befasst sich mit der Black-Power-Bewegung und dem Ringen um die US-Demokratie
Brutale Polizeigewalt gegen Afroamerikaner ist seit jeher Alltag auf US-amerikanischen Straßen. Und nicht erst seit dem Tod von George Floyd formiert sich dagegen massiver Widerstand. Die 2013 gegründete Bewegung #BlackLivesMatter erfährt weltweit breite Unterstützung. Eine neue Forschungsgruppe unter Leitung des Amerikanisten Prof. Simon Wendt untersucht nun die Vorläufer dieser Bewegung im 20. Jahrhundert und fragt nach den Erfolgen und Auswirkungen von Black Power.
FRANKFURT. In den
vergangenen 20 Jahren ist das Interesse der Geschichtswissenschaften am Thema
Black Power gewachsen. Dennoch gibt es nach wie vor viele historiografische
Lücken. Einige davon soll die neue Forschungsgruppe, die offiziell im Mai an
den Start geht, schließen helfen. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler wollen einen neuen Blick auf die Black-Power-Bewegung werfen,
um deren Einfluss auf die amerikanische Demokratie und die damit verbundenen
Werte besser zu verstehen.
„Die 1960er und 1970er Jahre haben die Debatten über Rassismus und
Demokratie tiefgreifend beeinflusst – bis heute. Wir wollen uns in diesem
Zusammenhang die weniger bekannten Black-Power-Gruppierungen sowie
vernachlässigte Themen betrachten und damit das Ringen zwischen konkurrierenden
Idealen der US-Demokratie und ihre langfristigen Auswirkungen sichtbar machen“,
erklärt Prof. Simon Wendt. Dabei soll insbesondere die Geschlechter-, Sozial-,
Geistes- und Politikgeschichte miteinander verbunden werden. Wie hat sich der
antirassistische Kampf der Black Power Bewegung auf Vorstellungen einer
gerechten und demokratischen Gesellschaft ausgewirkt?
Die Forschungsgruppe besteht vor allem aus drei
Promotionsprojekten. In einem dieser Projekte geht es um die Spannungen
zwischen Black-Power-Bewegung und Gay-Liberation-Bewegung und um deren
Zusammenarbeit. Inwiefern haben die unterschiedlichen Auffassungen darüber, wie
eine gerechte und demokratische Nation aussehen sollte, das Streben der beiden
Bewegungen nach vollständiger Gleichberechtigung gefördert oder behindert? Ein
weiteres Projekt untersucht die zeitgenössische Kritik an der
Black-Power-Bewegung und analysiert deren Argumentation, um zu erkennen, wie
Debatten über Rassismus das Verständnis verschiedener gesellschaftlicher
Gruppen von Demokratie prägten. Das dritte Projekt schließlich wird erstmals
die Geschichte der National Black United Front nachzeichnen, einer
afroamerikanischen Organisation, die 1980 von ehemaligen Black-Power-Aktivisten
in New York gegründet wurde. Im Zentrum steht die Frage, ob und wie sich das
Verständnis von der US-Demokratie und die Taktiken des schwarzen
Freiheitskampfes nach dem Niedergang der Black-Power-Bewegung gewandelt haben.
Zwei weitere Studien ergänzen die drei Teilprojekte: Eine laufende Dissertation
befasst sich damit, wie Religion die Black-Power-Bewegung geprägt hat. Eine
weitere Studie soll die Flut historischer Studien über afroamerikanischen
Aktivismus seit 1945 zu einer allgemeinen Geschichte der Black-Power-Bewegung
zusammenfassen. „Wir erwarten am Ende der Förderphase fünf Monographien, die
alle wichtige Beiträge zur Erforschung der Black Power Bewegung und der
amerikanischen Demokratie leisten werden“, sagt Wendt. Nur mit dem Wissen um
die Geschichte dieser Bewegung lasse sich Black Lives Matter in der Gegenwart
verstehen.
Die Forschungsgruppe wird von der Gerda Henkel Stiftung bis 2025
mit rund 180.000 Euro gefördert.
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Simon Wendt
Institut
für England- und Amerikastudien
Goethe-Universität
Telefon 069/798-32368
E-Mail
wendt@em.uni-frankfurt.de
Neues DFG-Projekt der Zahnmedizin an der Goethe-Universität untersucht, wie man eine Wurzel entfernt und dabei den Nerv lebendig erhält
Wurzelbehandlung mit anschließender Wurzelentfernung – weist ein
Zahn eine Entzündung auf, gibt es oft keine andere Lösung. Doch in manchen
Fällen gibt es Alternativen. Zwei Methoden, wie man trotz Wurzelentfernung den
Nerv erhalten kann, nimmt ein neues DFG-Projekt in der Poliklinik für
Parodontologie am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Carolinum) in
den Blick.
FRANKFURT. „Vitalamputation von Oberkiefermolaren mit Furkationsbeteiligung Grad II und/oder III“ – so lautet der Titel der Studie, die mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. Was kompliziert klingt, könnte für viele Patienten durchaus relevant sein: Parodontale Erkrankungen kommen hierzulande häufig vor, und oft geht es darum, dass mehrwurzelige Zähne nicht in Gänze betroffen sind und am Leben erhalten werden könnten.
Im Fokus der Studie stehen mehrwurzelige Oberkieferbackenzähne
(Molaren), bei denen ein Knochenabbau infolge einer Entzündung bis zu der
Stelle vorgedrungen ist, an der sich die Wurzel teilt (Furkation). Je nach
Ausprägung des Knochenabbaus wird in einem solchen Fall die betroffene Wurzel
entfernt, „amputiert“ heißt es in der Fachsprache. Dieses durchaus gängige und
zahnerhaltende Therapieverfahren zielt darauf ab, die durch den Knochenabbau
entstandene Nische samt Entzündung zu beseitigen und den ehemals nicht
erreichbaren Zahnabschnitt der Mundhygiene über Zahnzwischenraumbürstchen
zugänglich zu machen. Die klassische Vorgehensweise sieht vor, den Zahn vor der
Entfernung (Amputation) einer seiner Wurzeln endodontisch, also vom Zahninneren
her zu behandeln (Wurzelkanalbehandlung).
Die Wurzelamputation werde auch weiterhin das Mittel der Wahl
bleiben, wenn eine von mehreren Wurzeln betroffen ist, sagt Studienleiter PD
Dr. Hari Petsos. Allerdings sei fraglich, ob vor jeder Wurzelamputation auch zwangsläufig
eine Wurzelkanalbehandlung notwendig sei. Denn oft ziehe eine
Wurzelkanalbehandlung eine „Behandlungskaskade“ nach sich – und damit einen
erheblichen Zeit- und Kostenaufwand für die Patienten. Darüber hinaus, so
konstatiert der Zahnmediziner, sei jede Wurzelkanalbehandlung prinzipiell ein
zusätzlicher Risikofaktor für Zahnverlust, denn es könne dabei immer zu
Komplikationen kommen, auch die Stabilität des Zahnes wird in Mitleidenschaft
gezogen. Um derartige Komplikationen von vornherein zu vermeiden, werde der
betroffene Zahn häufig überkront – was ebenfalls kostspielig ist. Die beste
Lösung wäre also, den betroffenen Zahn lebendig und somit in sich stabil zu
erhalten.
Im Rahmen der von der DFG geförderten Studie sollen nun zwei
unterschiedliche Therapieverfahren miteinander verglichen werden, die beide
vitalerhaltend sind, also ohne eine Wurzelkanalbehandlung auskommen. Daher der
Begriff der „Vitalamputation“. Insgesamt 70 Patienten werden innerhalb der
zwölf Monate nach ihrer Behandlung daraufhin untersucht, wie sich die
parodontale (Zahnhalteapparat) und endodontische (Zahnnerv) Situation am
betroffenen Zahn entwickelt. Methode eins sieht vor, dass die Wurzel unterhalb
der Zahnkrone abgetrennt wird, die sehr kleine Fläche des dabei angeschnittenen
Zahnnervs wird mit einem für solche Zwecke erprobtem Medikament (Biodentin:
Trikalziumsilikat) und einem Füllungsmaterial abgedeckt. Bei Methode zwei wird
der Zahn durch die Kaufläche eröffnet und der Zahnnerv im oberen Anteil
(Kronenpulpa) entfernt. Die freiliegenden, in den Wurzeln verbleibenden
Nervanteile werden mit demselben Medikament wie in Methode eins abgedeckt, der
Zahn wird mit einem Füllungsmaterial verschlossen. Erst dann wird die
entsprechende Wurzel entfernt. Ob der Nerv die Prozedur überstanden hat ohne
dabei abzusterben, wird in den Monaten nach der Behandlung immer wieder mittels
Kälteempfindung und Stromfluss kontrolliert. „Die Ergebnisse unserer Studie
werden unter Umständen zu einer veränderten Vorgehensweise führen“, ist Dr.
Petsos überzeugt.
Das Projekt wird von der DFG mit rund 110.000 Euro gefördert und
läuft bis Dezember 2023 an der Poliklinik für Parodontologie des Zentrums für
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Goethe-Universität.
Bilder zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/115385283
Bildtext: Schematisch Darstellung des klassischen Verfahrens
(Wurzelamputation, links) sowie beider im Rahmen der Studie untersuchten
Therapieverfahren (Vitalamputation unter Belassen der Kronenpulpa, mittig, bzw.
mit Entfernung der Kronenpulpa, rechts). (Grafik: Petsos)
Weitere Informationen
PD Dr.
Hari Petsos
Poliklinik
für Parodontologie
Zentrum
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Goethe-Universität
Telefon:
069 6301 5642 (Sekretariat)
E-Mail:
petsos@med.uni-frankfurt.de
Homepage:
https://www.kgu.de/einrichtungen/kliniken/carolinum-zahnaerztliches-universitaets-institut-ggmbh
Heute werden die Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Laureaten von 2021 und 2022 geehrt
Zum ersten Mal in seiner Geschichte wird der Paul
Ehrlich-und-Ludwig Darmstaedter-Preis heute in der Frankfurter Paulskirche
doppelt verliehen. Mit dem Preis des Jahres 2021 werden Bonnie Bassler und
Michael Silverman ausgezeichnet, deren Entdeckung, wie Bakterien miteinander
kommunizieren, den Weg zu einer völlig neuen Antibiotikaklasse eröffnet. Die
Auszeichnung des Jahres 2022 teilen sich Katalin Karikó, Ugur Sahin und Özlem
Türeci, deren Erforschung der messenger RNA (mRNA) in der spektakulär schnellen
Entwicklung eines hochwirksamen Impfstoffs gegen Covid-19 gipfelte und zudem
aussichtsreiche Perspektiven im Kampf gegen Krebs bietet.
FRANKFURT. Im
vergangenen Jahr musste die Verleihung des Paul Ehrlich-und-Ludwig
Darmstaedter-Preises pandemiebedingt entfallen. „In diesem Jahr der
wiedergewonnenen Präsenz ehren wir Laureaten, die entscheidend zur Überwindung
der Pandemie beigetragen haben“, sagt Thomas Boehm,
Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung und Direktor am
Max-Planck-Institut für
Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg. „Gleichzeitig zeichnen wir heute eine Entdeckung aus, die einen
neuen Ansatz gegen das globale Problem der Antibiotikaresistenz bietet.“
Bakterien, gegen die Antibiotika nichts mehr ausrichten können,
sind weltweit auf dem Vormarsch. Das bedeutet eine tödliche Gefahr, die nach
Angaben der Weltgesundheits-organisation alarmierende Ausmaße angenommen hat.
Neue Antibiotika sind deshalb notwendig. Aber die meisten neuen Wirkstoffe, die
entwickelt werden, folgen einem alten Prinzip. Sie stoppen das Wachstum von
Bakterien oder töten sie ab. Diesen Angriff kontern die Mikroorganismen
naturgemäß mit Mutationen, denen die Selektion widerstandsfähiger Stämme folgt.
Es ist dann nur eine Frage der Zeit, bis sie auch gegen neue
Antibiotika resistent geworden sind. Die Paul Ehrlich-und-Ludwig Darmstaedter-Preisträger des Jahres 2021 haben
das Fundament für ein neues Antibiotika-Prinzip gelegt. Michael Silverman und
Bonnie Bassler entdeckten und entschlüsselten die Sprache, in der Bakterien
miteinander kommunizieren. Durch den Austausch bestimmter Signalmoleküle
verständigen sich Bakterien darüber, wann sie ein ausreichendes Quorum erreicht
haben, um mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit gegen einen Wirtsorganismus
vorgehen zu können. Diesen mikrobiellen Chat durch „Quorum Quenching“
pharmakologisch zu unterbrechen, schaltet die Bakterien stumm, ohne sie
abzutöten. Sie erfahren keinen resistenzerzeugenden Selektionsdruck. Forschende
in aller Welt arbeiten inzwischen daran, solche neuen Antibiotika zu
entwickeln. Gegen multiresistente Keime wie beispielsweise Pseudomonas
aeruginosa haben sie dabei bemerkenswerte Fortschritte erzielt.
Viren, die wie aus dem Nichts kommen, sind in der Lage, das Leben
der gesamten Menschheit schlagartig in Mitleidenschaft zu ziehen. Das haben wir
seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie alle gelernt. Dass diese Pandemie
dennoch beherrschbar wurde, ist ganz wesentlich den Leistungen der PaulEhrlich-und-Ludwig Darmstaedter-Preisträger des Jahres 2022 zu
verdanken. Durch ihre geistesgegenwärtige Reaktion auf das plötzliche Auftauchen
des Coronavirus SARS-CoV-2 gelang es ihnen, in Rekordzeit einen Impfstoff zu
entwickeln, der Millionen von Menschen in aller Welt das Leben gerettet hat.
Die Basis dieses Erfolgs war ihre jahrzehntelange Erforschung des Botenmoleküls
mRNA und dessen Optimierung für medizinische Zwecke. Katalin Karikó suchte seit
Beginn ihrer Karriere unbeirrt von vielen Hindernissen nach Wegen, die
intrazelluläre Proteinproduktion durch die Gabe von mRNA anzuregen. Dabei
machte sie die bahnbrechende Entdeckung, wie sich die Immunabwehr des Körpers
gegen extern applizierte mRNA ausschalten lässt. Ugur Şahin und Özlem Türeci
fokussierten sich primär darauf, Krebsimpfstoffe zu entwickeln, die dem
Immunsystem eines Patienten die Antigene seines eigenen Tumors präsentieren, damit
es diesen zerstöre. Dabei entdeckten sie, wie sich die mRNA stabilisieren und
die Effizienz ihrer Botschaften signifikant steigern lässt. 2008 gründeten sie
das Unternehmen BioNTech. Mehrere therapeutische Krebsimpfstoffe auf mRNA-Basis
haben sie dort bereits bis zur klinischen Prüfung entwickelt.
Neben den Hauptpreisen wird heute auch der Paul Ehrlich-und-Ludwig
Darmstaedter-Nachwuchspreis doppelt vergeben. Mit dem Nachwuchspreis für 2021
wird die Biologin Elvira Mass
ausgezeichnet. Sie hat durch die geschickte Anwendung genetischer
Markierungsverfahren entdeckt, dass die gesunde Entwicklung eines Organismus
schon sehr früh von spezialisierten Immunzellen gesteuert wird, die dem
Dottersack des Embryos entstammen. Den Nachwuchspreis für 2022 erhält die
Ärztin Laura Hinze. Sie
hat mit Hilfe eines genomweiten Screenings entdeckt, auf welchem Weg sich die
Resistenz von Leukämiezellen gegen ein bestimmtes Chemotherapeutikum überwinden
lässt. Daraus hat sie auch eine neue mögliche Strategie zur Behandlung solider
Tumore wie Darmkrebs abgeleitet.
Weitere Informationen
Pressestelle
der Paul Ehrlich-Stiftung
Joachim Pietzsch
Tel.: +49 (0)69 36007188
E-Mail: j.pietzsch@wissenswort.com
www.paul-ehrlich-stiftung.de
Goethe-Universität steuert bundesweites Projekt zur psychologischen Unterstützung von Geflüchteten
Menschen, die vor Krieg und Gewalt geflohen sind, können das Erlebte nicht einfach hinter sich lassen. Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen, Albträume gehören zu den Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Psychotherapie an der Goethe-Universität bietet Therapieplätze für Betroffene an.
FRANKFURT.
Seitdem die russische Armee die Ukraine überfallen hat, ist das Leid der
Menschen, die in Kellern und U-Bahn-Schächten Schutz suchen, auch in unseren
Medien omnipräsent. Wer sich zur Flucht entschließt, hat schon viel Schlimmes
erlebt, traumatisierende Erfahrungen auf der Flucht kommen hinzu. Auch weit weg
von der Heimat können die Menschen das Schreckliche nicht wirklich hinter sich
lassen: Es reist mit in Form von Albträumen, Schlafstörungen,
Konzentrationsproblemen, Schreckhaftigkeit, Angst und anderen intensiven
negativen Gefühle. Manche Betroffene durchleben das traumatisierende Ereignis
in ihrem Inneren immer und immer wieder. Dies alles können Symptome einer
posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sein.
Viele geflüchtete Menschen benötigen daher dringend
psychotherapeutische Hilfe. Die Barrieren, vorhandene Angebote wahrzunehmen,
sind jedoch hoch. Die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie
der Goethe-Universität unter der Leitung von Prof. Regina Steil, Prof. Thomas
Ehring (LMU München), und Prof. Nexhmedin Morina (Universität Münster) bietet
Unterstützung an. Das von der Goethe-Universität aus gesteuerte Projekt zur
Psychotherapie der Posttraumatischen Belastungsstörung bietet eine innovative
Behandlungsform für traumatisierte geflüchtete Menschen und begleitet dies
wissenschaftlich. Bei Bedarf wird die Behandlung dolmetschergestützt
durchgeführt.
Die Studie sieht für jeden Teilnehmer zehn Sitzungen von jeweils
100 Minuten Dauer innerhalb von zwölf Wochen vor. Eine Vergleichsgruppe erhält
die selbe Behandlung nach einer Wartezeit. Um die Wirksamkeit der neuen
Vorgehensweise zu ermitteln, wird der Verlauf der Symptomatik in beiden Gruppen
vor und nach der Behandlung sowie drei und zwölf Monate später mittels
klinischer Interviews und Selbstbeurteilungsinstrumente erfasst.
An den Standorten Münster, Marburg, München und Frankfurt wurden
bisher insgesamt 64 Patientinnen und Patienten in das Projekt aufgenommen.
Weitere Behandlungsplätze für Geflüchtete ab 18 Jahren stehen zur Verfügung.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
gefördert.
Weitere Informationen
Julia
Reuter
Projektkoordinatorin
Institut für Psychologie, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie
Goethe-Universität
Telefon 069 798 25374
E-Mail Reuter@psych.uni-frankfurt.de (bevorzugt)
https://project-recap.de/unser-angebot/rescript
Deitelhoff und Friedman diskutieren im „StreitClub“ über den Zustand der Gesellschaft – Gäste diesmal: Jan Fleischhauer und Wolfgang Merkel
FRANKFURT. Die Veranstaltungsreihe „StreitClub“ wird fortgesetzt. Nicole Deitelhoff, Professorin für Politikwissenschaft an der Goethe-Universität und Sprecherin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt, lädt gemeinsam mit dem Publizisten und Moderator Michel Friedman
am
Montag, 21. März, um 19:30 Uhr
im The
English Theatre Frankfurt,
Gallusanlage
7
60329
Frankfurt am Main
zum Streitgespräch ein. Zu Gast sind diesmal der Journalist Jan
Fleischhauer und der Politologe Wolfgang Merkel.
Schon vor der Covid-Pandemie wurde der Niedergang des
gesellschaftlichen Zusammenhalts befürchtet, in der Pandemie sogar die Spaltung
der Gesellschaft konstatiert. Ist Deutschland ein gespaltenes Land? Was heißt
das überhaupt und welche Konsequenzen hätte es für die Demokratie?
Jan Fleischhauer war von 1989 bis 2019 beim
Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ tätig, unter anderem als Reporter in Leipzig
(1991), als stellvertretender Leiter des Wirtschaftsressorts und
stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros. Von 2001 bis 2005 war er
Wirtschaftskorrespondent in New York. 2019 wechselte Fleischhauer zum
Burda-Verlag und ist beim Nachrichtenmagazin „Focus“ tätig. Der Politologe Wolfgang
Merkel ist seit 2004 Direktor der Abteilung Demokratie und Demokratisierung
am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Professor für
Vergleichende Politikwissenschaft und Demokratieforschung an der
Humboldt-Universität zu Berlin. Merkel zählt zu den angesehensten Vertretern
der Vergleichenden Politikwissenschaft im deutschsprachigen Raum. Er prägte
maßgeblich die Forschung zu Demokratisierungsprozessen, Systemwechseln und
Systemzusammenbrüchen.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen dem
Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), dem Center for
Applied European Studies (CAES) und dem English Theatre Frankfurt (ETF). Sie
findet im Hybridformat statt. Der Livestream ist auf YouTube abrufbar, den Link
finden Sie auf der Homepage des StreitClubs unter https://cutt.ly/streitclub.
Der StreitClub ist ebenso wie die Formate „StreitBus“ (in
Kooperation mit dem DemokratieWagen von mehralswählen e.V. und dem
Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung) und die
Online-Debattenreihe „Kontrovers: Aus dem FGZ“ Teil des Projekts „Frankfurt
streitet!“ des Frankfurter FGZ-Standorts. Dabei geht es um die Bedeutung von
Streitkultur für die Demokratie. Tickets für den StreitClub sind für 12 bzw. 10
Euro über das English Theatre Frankfurt erhältlich, Pressekarten bei Katja
Maasch, maasch@em.uni-frankfurt.de.
Erweiterter Senat wählt Experten für digitale Transformation als neues Präsidiumsmitglied
FRANKFURT. Nach seiner Wahl durch den Erweiterten Senat erhält die Goethe-Universität mit Ulrich Schielein erstmals einen Chief Information Officer (CIO). Die Position wird im Rang eines hauptamtlichen Vizepräsidenten besetzt und komplettiert das Präsidialteam, das dann wieder sechs Mitglieder umfassen wird. Damit geht die Goethe-Universität neue Wege – einerseits erfolgt mit der Wahl ein klares programmatisches Bekenntnis zur Digitalisierung, andererseits stehen zukünftig neben vier akademischen Mitgliedern zwei sogenannte Professionals mit an der Spitze der Universität.
Als
CIO verantwortet Ulrich Schielein die Entwicklung und Umsetzung einer
übergreifenden Digitalisierungsstrategie und somit die strategische Steuerung
der Digitalisierung, des gesamten IT-Bereiches und der Weiterentwicklung der
IT-Infrastruktur der Goethe-Universität. In sein Aufgabengebiet fallen auch die
Zuständigkeiten für Hochschulrechenzentrum, Universitätsbibliothek und
studiumdigitale.
Der
Präsident der Goethe-Universität, Prof. Dr. Enrico Schleiff: „Wir haben mit
Herrn Schielein eine außerordentlich kompetente Persönlichkeit für die künftige
Präsidiumsarbeit gewonnen, die mit dem stärker akzentuierten unternehmerischen
Hintergrund neue Impulse für die Universität bringen wird. Ich danke dem Erweiterten
Senat, dass dieser Herrn Schielein mehrheitlich sein Vertrauen ausgesprochen
hat. Herrn Schielein danke ich sehr, dass er sich auf das Experiment der Arbeit
an einer der größten deutschen Universitäten einlässt. Mit Herrn Schielein
gewinnt die Goethe-Universität einen hervorragenden Experten für das ganze
Themenfeld der Digitalisierung und kann sich damit in diesem Bereich mit
Nachdruck zukunftsfähig aufstellen.“
Der frisch gewählte CIO, Ulrich
Schielein, sagt: „An der neu geschaffenen Rolle als
Vizepräsident und CIO reizt mich, an zentraler Stelle zur weiteren
Digitalisierung unserer Gesellschaft beizutragen und meine umfangreiche fast
30jährige Berufserfahrung einbringen zu können. Als Vizepräsident und CIO
möchte ich als Mitglied des Präsidiums, gemeinsam mit den weiteren
universitären Gremien und allen Beteiligten die Digitalisierung der
Goethe-Universität in allen Dimensionen von Forschung, Lehre, und Verwaltung
gestalten, entscheidend vorantreiben und als ein Aushängeschild einer führenden
exzellenten Universität etablieren. Digitalisierung soll dabei u.a.
helfen, Prozesse für Forschende, Lehrende, Studierende und Mitarbeitende in der
Verwaltung zu vereinfachen und zu automatisieren sowie neue
Zugangsmöglichkeiten zu schaffen. Zudem trägt Digitalisierung zur Erreichung
von Nachhaltigkeitszielen bei und ermöglicht benachteiligten Gruppen eine
bessere Teilhabe“.
Als externer Kandidat
für die Rolle des Vizepräsidenten und CIO der Goethe-Universität bringt Herr
Schielein einerseits Erfahrung aus seiner Zeit in der öffentlichen Verwaltung
bei der Bundesagentur für Arbeit mit, wo er bereits mit dem Thema
computerbasierter Aus- und Weiterbildung befasst war. Andererseits war er viele
Jahre als international tätiger Berater sowohl in Unternehmen der öffentlichen
Hand als auch der Privatwirtschaft aktiv, wo sein Fokus insbesondere auf Themen
wie Digitalisierung sowie effizienter und effektiver Einsatz von
Informationstechnologien lag. Er begleitete dabei seine Kunden von der
Formulierung von Strategien bis zur erfolgreichen Umsetzung komplexer
Transformationen. Dies umfasste neben der Implementierung neuer Technologien
ebenso die Etablierung neuer Arbeitsformen sowie das
Veränderungs-Management. Die Erfahrung aus häufig wechselnden
Kundensituationen während seiner Beraterzeit wird ihm helfen, sich rasch in die
Spezifika einer Universität einzuarbeiten und gleichzeitig auch Anstöße durch
seine bisherigen Erfahrungen zu geben.
Foto zum Download
unter: www.uni-frankfurt.de/113917759
1,5 Million Euro für europäisches Forschungsgroßprojekt Remote-NMR – Koordination durch Goethe-Universität Frankfurt
Ein Verbund von 26 Partnern der wichtigsten europäischen Forschungsinfrastrukturen für die Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) wird in den kommenden Jahren standardisierte Verfahren entwickeln, mit denen sich NMR-Geräte auch aus der Ferne steuern und nutzen lassen. Die Projektleitung liegt bei Prof. Harald Schwalbe vom Biomolekularen Magnet-Resonanz-Zentrum der Goethe-Universität Frankfurt. Die Europäische Union fördert das Projekt Remote-NMR mit 1,5 Millionen Euro.
FRANKFURT. Die
Kernspinresonanzspektroskopie ist eine der wichtigsten analytischen Methoden in
den chemischen, physikalischen, biologischen und medizinischen Wissenschaften.
Denn die Methode ermöglicht es, die räumliche Anordnung von Atomen in Molekülen
zu bestimmen und so Struktur und Dynamik von Molekülen zu analysieren.
Bedeutsame Beiträge hat die NMR-Spektroskopie zuletzt beispielsweise für die
SARS-CoV-2-Impfstoffentwicklung und -Arzneimittelforschung im Rahmen des
europäischen Netzwerks COVID19-NMR geleistet. Hierbei gilt das Biomolekulare
Magnet-Resonanz-Zentrum (BMRZ) der Goethe-Universität als Leuchtturm der
europäischen Forschung mit Großgeräten. Routinemäßig wird die NMR-Spektroskopie
zudem beispielsweise in der Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Chemikalien
oder Biomolekülen verwandt.
NMR-Spektroskopie erfordert hochentwickelte und teure Geräte, die
von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit unterschiedlichem Hintergrund
betrieben werden, von serviceorientierten Experten für Routineuntersuchungen
bis hin zu hochqualifizierten Forschern, die lokale wie externe Nutzer:innen
bei spezialisierten Anwendungen unterstützen. Vor der Corona-Pandemie wurde die
Mehrzahl der Messungen in Europa von Wissenschaftler:innen gemacht, die zu den
NMR-Zentren reisten. Entsprechend stark ging als Folge von Reise- und
Kontaktbeschränkungen die Nutzung der Anlagen durch externe Nutzer zurück.
Daher haben NMR-Wissenschaftler:innen bereits in den vergangenen
zwei Jahren damit begonnen, NMR-Analyseverfahren per digitalem Fernzugriff zu
entwickeln. Das neue Projekt Remote-NMR (R-NMR), das von Prof. Harald Schwalbe
von der Goethe-Universität geleitet wird, wird jetzt Standards für einen
NMR-Fernzugriff schaffen, der europäischen Forschern einen Zugang zu den
Großgeräten ermöglicht. Die Nutzer sollen in die Lage versetzt werden, mit dem
NMR-Instrument zu interagieren, die laufenden Experimente zu überwachen und bei
Bedarf anzupassen und mit dem Personal, das vor Ort die Geräte betreut, zu
kommunizieren. Dazu werden innerhalb R-NMR alle bedeutenden NMR-Infrastrukturen
in Europa miteinander vernetzt. Routineprozesse für die Remote-Nutzung von NMR
werden eingerichtet, was die Erstellung von Forschungs- und Lehrprotokollen
sowie die Archivierung von Daten und den Probenversand einschließt.
Die Europäische Union fördert R-NMR in den kommenden drei Jahren
mit insgesamt 1,5 Millionen Euro im Rahmen des Horizon Europe Framework
Programme.
Prof. Harald Schwalbe ist überzeugt: „Im Netzwerk R-NMR machen wir
uns fit für NMR@home. Die europaweite Standardisierung ist dabei ein riesiger
Vorteil, denn so können wir die vorhandenen riesigen Potenziale, die diese
wichtigen Forschungsinfrastrukturen bieten, optimal nutzen. Weil viele
Kolleginnen und Kollegen viel weniger reisen müssen, lässt sich außerdem der CO2-Fußabdruck
unserer Forschung deutlich verkleinern.“
Links:
Europäisches Netzwerk von NMR-Forschungsinfrastrukturen http://www.eurobionmr.eu/
Europäisches Netzwerk COVID19-NMR https://covid19-nmr.de/
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/111177368
Bildtext: Prof. Dr. Harald Schwalbe, Goethe-Universität Frankfurt. Foto:
Jürgen Lecher für Goethe-Universität
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Harald Schwalbe
Institut
für organische Chemie und chemische Biologie
Biomolekulares
Magnet-Resonanz-Zentrum (BMRZ)
Goethe-Universität
Frankfurt
Tel
+49 69 798-29137
schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de
Frankfurt am Main, 7. März 2022. Das von der BHF BANK Stiftung initiierte Frankfurter Modellprojekt „Sprachentdecker“ zur alltagsintegrierten Sprachförderung in Kitas und Grundschulen wird von der Stadt Frankfurt am Main fortgeführt und ausgebaut. Mit finanzieller Unterstützung des Dezernats für Bildung, Immobilien und Neues Bauen, das dafür zunächst 50.000 Euro bereitstellt, sollen über die bestehenden Standorte hinaus mehr Frankfurter Kitas und Schulen das Qualifizierungs-Angebot für sich nutzen können.
„Die Pandemie war und ist für viele Kinder eine schwere Zeit, in der ein großer Nachholbedarf entstanden ist. Besonders Kinder, die bereits zuvor einen Förderbedarf hatten, benötigen verstärkt Aufmerksamkeit und gut geschulte Kräfte“, sagt Bildungsdezernentin Sylvia Weber. „Dafür brauchen wir mehr individuelle Förderung im Regelbetrieb.“ Hier setze „Sprachentdecker“ effizient an, so die Stadträtin: „Das Projekt ermöglicht die Qualifizierung und Vernetzung von Fachkräften, damit wir diese Kinder beim besonders wichtigen Übergang von der Kita in die Schule bestmöglich unterstützen können.“
Das Modellprojekt unter wissenschaftlicher Leitung der Goethe-Universität (Fachbereich Erziehungswissenschaften, Prof. Dr. Diemut Kucharz) konnte nachweisen, wie wirksame Deutschförderung im Alltag in Kita und Schule gelingt. Es wurde seit 2016 in enger Kooperation von Goethe-Universität, Stadt Frankfurt am Main (Amt für multikulturelle Angelegenheiten) und der BHF BANK Stiftung entwickelt. Bisher konnten etwa 100 Fach- und Lehrkräfte aus zwölf Kitas und sieben Grundschulen fortgebildet werden. 2019 wies eine Evaluation die Wirksamkeit des Angebots nach. Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie insbesondere auf Kinder, die zu Hause wenig Deutsch sprechen, kommt dem Programm eine nochmal gestiegene Bedeutung zu, denn es vermittelt den Fach- und Lehrkräften Kenntnisse und Fertigkeiten, mit denen sie die Kinder effizient und wirksam fördern können.
„Im jetzt anstehenden Ausbau des Projekts Sprachentdecker möchten wir noch mehr Fach- und Lehrkräften als bisher das Instrumentarium vermitteln zu erkennen, was die Kinder schon gut beherrschen und wo Einzelne noch Defizite haben“, sagt Diemut Kucharz, Professorin für Grundschulpädagogik an der Goethe-Universität und wissenschaftliche Leiterin von „Sprachentdecker“. „Wir schärfen den Blick der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und komplettieren ihr Repertoire – und das ohne zusätzliche Fördermaßnahmen für die Kinder, sondern integriert in deren Alltag. Die Evaluierung hat gezeigt: Dies ist ein sehr effizienter Ansatz, und die Kinder verbessern ihre Kompetenzen deutlich.“
Perspektivisch entwickelt sich „Sprachentdecker“ über Frankfurts Stadtgrenzen hinaus und soll mit Unterstützung des Hessischen Kultusministeriums an neuen Standorten in Hessen angeboten werden. Dazu ist eine Förderung im Rahmen der auch in Hessen präsenten Bundesinitiative BiSS (Bildung durch Sprache und Schrift) zugesagt, und das Kultusministerium wird das Programm „Sprachentdecker“ neben zwei weiteren Angeboten zur frühen Sprachbildung und -förderung offiziell empfehlen. In der Entwicklung ist zudem unter Federführung der BHF BANK Stiftung, die die Modellphase ermöglicht hat, und mit fachlicher Unterstützung des Amts für multikulturelle Angelegenheiten und Beratung durch die Goethe-Universität ein neues Pilotprojekt: Hier geht es um die Förderung der Bildungskooperation mit Eltern. Das neue Projekt soll eng angebunden an „Sprachentdecker“ aufgebaut werden.
„Wir freuen uns, dass das Projekt, das unsere Stiftung 2016 als Frankfurter Modellprojekt und als Beitrag für die Qualifizierung junger Menschen ins Leben gerufen hat, sich bewährt hat und nun weitergeführt wird“, sagt Werner Taiber, Vorsitzender des Vorstands der BHF BANK Stiftung. „Wir geben dem Thema weiterhin eine hohe Priorität. Daher möchten wir uns weiter in die Allianz für die frühe Sprachbildung einbringen und einen besonderen Akzent künftig auch auf die wichtige Rolle der Eltern legen.“
*****
„Sprachentdecker“ ist ein Qualifizierungsprogramm für Fachkräfte in Kitas und Lehrkräfte in Grundschulen, die gemeinsam über einen Zeitraum von einem Jahr geschult werden. Es zielt darauf, alle, die reguläre Bildungs- und Lernprozesse gestalten, für die alltagsintegrierte Sprachbildung und sprachförderliches Verhalten sowie für die Förderung von Mehrsprachigkeit zu qualifizieren. Das Programm setzt bewusst im Regelbetrieb an und nicht auf Extra-Maßnahmen. Es hat drei Säulen: die Weiterqualifizierung der Pädagog/-innen, den Übergang zwischen Kita und Schule und den Dialog mit den Eltern über die Bildungsprozesse ihrer Kinder. Die beteiligten Einrichtungen und Schulen sind ortsbezogen in so genannten Standorten zusammengeschlossen. Die ehemaligen Teilnehmer/-innen sind Teil eines Netzwerks, das sich, wenn möglich, jährlich trifft und an der regelmäßigen Anwendung des Gelernten und der Implementierung der neuen Methoden an den jeweiligen Standorten arbeitet und in fachlichem Austausch steht. Besonderes Alleinstellungsmerkmal von „Sprachentdecker“ sind die Einzelcoachings für die geschulten Kräfte, die dafür sorgen, dass das Gelernte auch Eingang in die gelebte Praxis findet und individuelle Fragen geklärt werden können.
Pädagog/-innen, die am Projekt „Sprachentdecker“ teilgenommen haben, verfügen über Strategien, um Kinder beim Deutschlernen im Alltag produktiv zu unterstützen. Sie haben gelernt, wie sie zum Beispiel Mathematikaufgaben so besprechen können, dass die Kinder dabei auch sprachlich etwas lernen. Sie greifen etwa Sätze von Kindern auf, wiederholen sie und reichern sie dabei sprachlich an. Dadurch lernen die Kinder beiläufig richtige und variantenreiche Formulierungsmöglichkeiten im Deutschen. Seit Projektstart 2016 wurden im Rahmen von „Sprachentdecker“ aus zwölf Kitas und sieben Grundschulen etwa 100 Fach- und Lehrkräfte fortgebildet.
Insgesamt hat die BHF BANK Stiftung seit 2016 mehr als 200.000 Euro in das Projekt und die Evaluierung der Angebote investiert.
Die gemeinnützige BHF BANK Stiftung wurde Ende 1999 gegründet und zählt zu den mittelgroßen Stiftungen in Deutschland. Ihre Stifterin ist heute die deutsch-französische Bank ODDO BHF AG. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung 18 Millionen Euro in Initiativen und Modellprojekte investiert.
Goethe-Universität Frankfurt
Prof. Dr. Diemut Kucharz
Institut für Pädagogik der Elementar- und
Primarstufe (WE II)
Telefon +49 (0)69 798-36266|
E-Mail: kucharz@em.uni-frankfurt.de
BHF BANK Stiftung
Sigrid Scherer
Geschäftsführerin
Telefon +49 (0)69 718-3452
E-Mail: sigrid.scherer@oddo-bhf.com
Dezernat für Bildung, Immobilien und Neues
Bauen
Tanja Sadowski
Referentin
Telefon: +49 (0)69
212-38768
E-Mail: tanja.sadowski@stadt-frankfurt.de
*****
Die Ergebnisse des Frankfurter Integrations- und Diversitätsmonitorings sowie des Kindergesundheitsberichts des Frankfurter Gesundheitsamts verweisen darauf, dass in Frankfurt am Main die Zahl bzw. der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Sprachauffälligkeiten und Förderbedarf in Deutsch tendenziell steigt (vgl. Stadt Frankfurt am Main – Amt für multikulturelle Angelegenheiten 2017: S.74–77; Stadt Frankfurt am Main – Gesundheitsamt 2017: S. 4, S. 47). Kinder mit Migrationshintergrund weisen generell, insbesondere aber in der Sprachentwicklung, häufiger Entwicklungsauffälligkeiten auf als Kinder ohne Migrationshintergrund (vgl. Stadt Frankfurt am Main – Amt für multikulturelle Angelegenheiten 2017: S.74; Stadt Frankfurt am Main – Gesundheitsamt 2017: S. 51). Die Ergebnisse stehen in Einklang mit einer steigenden Zahl von Kindern, die an einem durch das Land Hessen geförderten Vorlaufkurs zur Verbesserung der Deutschkenntnisse teilnehmen.
So nahmen im Schuljahr 2019/2020 – vor der Einführung des verpflichtenden Besuchs der Vorlaufkurse - mit 12.807 Kindern so viele Schüler/-innen wie noch nie zuvor an den Kursen teil. Dabei wird davon ausgegangen, dass etwa fünf Prozent der förderbedürftigen Kinder nicht erreicht wurden (vgl. Hessischer Landtag 2021: Drucksache 20/4190; http://starweb.hessen.de/cache/DRS/20/0/04190.pdf)
Ein starker Anstieg ist
darüber hinaus bei der Zahl der Teilnehmenden an Intensivkursen und
-klassen (sogenannte „Seiteneinsteiger“) zu verzeichnen (vgl. Stadt Frankfurt
am Main – Amt für multikulturelle Angelegenheiten 2017: S. 78 ff.).
Diese Entwicklung steht auch in Zusammenhang mit einer verstärkten Zuwanderung
nach Frankfurt am Main, einerseits aus dem europäischen Ausland im Zuge der
Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Europäische Union, andererseits durch
Fluchtzuwanderung.
In Frankfurt am Main leben Menschen aus über 170 Herkunftsländern, wobei die gesprochenen Sprachen diese Zahl deutlich übersteigen dürften (vgl. Stadt Frankfurt am Main – Amt für multikulturelle Angelegenheiten 2017: S. 39). Laut Mikrozensus liegt der Anteil der Familien, in denen mindestens ein Elternteil einen Migrationshintergrund aufweist, bei etwa 40 Prozent. Entsprechend Berechnungen aus dem Frankfurter Melderegister liegt bei etwa 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren ein einseitiger Migrationshintergrund und bei 75 Prozent ein beidseitiger familiärer Migrationshintergrund vor (vgl. Stadt Frankfurt am Main – Bürgeramt, Statistik und Wahlen 2013a: S.3). Ein Sonderfrageprogramm im Rahmen der Frankfurter Bürgerbefragung aus dem Jahr 2018 hatte zum Ergebnis, dass der Anteil der Personen, die im familiären Kontext in Deutsch und einer weiteren Sprache kommunizieren, bei mindestens 40 Prozent und bei Familien mit Kindern bei etwa 50 Prozent liegt. In vielen Frankfurter Familien und Haushalten gehört eine mehrsprachige Kommunikation somit zum Alltag.
Aufschluss über den Anteil der Kinder und Jugendlichen, die außer in Deutsch noch in einer weiteren Sprache in der Familie kommunizieren, erhält man anhand der Schulstatistik und der Statistik zur Kindertagesbetreuung. Rechnet man hier die Zahl der Kinder in der frühkindlichen Bildung bis unter elf Jahren und der Schüler/-innen in allgemeinbildenden Schulen zusammen, so kommt man zu einem Anteil von mindestens 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Frankfurt am Main, die mit Deutsch und weiteren Sprachen aufwachsen. Getrennt betrachtet sind es in Kindertagesstätten etwa 40 Prozent und in den allgemeinbildenden Schulen etwa 60 Prozent. Laut den Ergebnissen einer von der Goethe-Universität an Frankfurter Kindertagesstätten durchgeführten Studie zur „Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen in Frankfurt am Main“ liegt der Anteil der mehrsprachigen Kinder in städtischen Kindertagesstätten bei etwa 71 Prozent. Eine ähnliche Situation zeigt sich bei den konfessionellen Einrichtungen; bei den übrigen „freien“ Kindertagesstätten liegt der Durchschnitt dagegen bei etwa 53 Prozent (vgl. Gold & Schulz 2014: S. 47).
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Abteilung PR & Kommunikation, Telefon 069 798-13066, Fax 069 798-763-12531, sauter@pvw.uni-frankfurt.de